
Deutschland hat trotz des Ukrainekriegs seine Importe von Uran aus Russland erheblich erhöht. Laut Daten des niedersächsischen Umweltministeriums, die dem „Spiegel“ vorliegen, importierte Deutschland im Jahr 2024 mindestens 68,6 Tonnen Uran aus Russland, was einem Anstieg von fast 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dieses Uran wurde an die Brennelementefabrik der Firma Advanced Nuclear Fuels (ANF) in Lingen geliefert.
Uran aus Russland fällt bislang nicht unter die EU-Sanktionen. Das Bundesumweltministerium hat die Importe bestätigt und erklärt, dass es derzeit kein Ein- oder Ausfuhrembargo der Europäischen Union gegen Russland für Kernbrennstoffe zur friedlichen Nutzung gibt. Entscheidungen über Sanktionen gegen Russland obliegen ausschließlich der EU, wobei die Beratungen zu diesem Thema andauern.
Geplante Transporte nach Russland
Untersuchungen des SWR zeigen, dass der Handel mit radioaktiven Substanzen zwischen russischen Firmen und der Brennelementefabrik in Niedersachsen weiterhin besteht. So sind mehrere Transporte radioaktiven Materials von Lingen an eine russische Firma vorgesehen, die enge Verbindungen zum Militär unterhält. Diese Transporte, die über Rotterdam abgewickelt werden sollen, wurden von niederländischen Behörden genehmigt. Bis zu fünf Transporte sind demnach geplant.
Einer der Hauptabnehmer, die Firma MSZ Machinery in Elektrostal, wird laut SWR-Recherchen direkt für das russische Militär tätig. Das Unternehmen verarbeitet radioaktives Material, das unter anderem für den Bau von Atombomben und als Brennstoff für Kernkraftwerke verwendet wird. Der Umweltaktivist Alexej Schwarz fordert ein Ende der Zusammenarbeit und weist darauf hin, dass jede Verbindung mit Rosatom eine Investition in russische Atomwaffen sei.
Die Aufsicht über die Brennelementefabrik Lingen liegt unter anderem beim niedersächsischen Umweltministerium. Minister Christian Meyer äußert, dass die Verantwortung für grenzüberschreitende Uran-Transporte beim Bund und der EU liege. Er kritisierte jedoch die enge Verknüpfung des russischen Atomsektors mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine und forderte Sanktionen im Nuklearsektor.
Anti-Atom-Organisationen und Umweltschützer in Lingen verurteilen die geplanten Transporte scharf. Julian Bothe von der Organisation „ausgestrahlt“ behauptet, dass die Brennelementefabrik durch die Exporte zum Handlanger der russischen Rüstungsindustrie wird. Er hebt hervor, dass das aus Lingen stammende Uran in russischen Atomwaffen und in Atom-U-Booten der russischen Marine Verwendung finden könnte.
Der französische Konzern Framatome, Eigentümer der Brennelementefabrik, betont, dass es keine konkreten Transporttermine für Uran-Exporte von Lingen nach Russland gäbe, und sich an alle internationalen Sanktionen halte. Dennoch gibt es weiterhin regelmäßige Lieferungen von Uran aus Russland nach Deutschland, die für die Produktion in der Lingen-Fabrik genutzt werden.
Die wiederholte Diskussion über Sanktionen im Nuklearsektor wird von verschiedenen EU-Staaten, unter anderem Ungarn und Frankreich, blockiert, da diese Länder enge Beziehungen zu Russland im Atomsektor pflegen.
Für weitere Informationen siehe die Berichte von t-online und Tagesschau.