
In einer wegweisenden Entscheidung hat der Stadtrat von Schwerin eine Arbeitspflicht für Bürgergeld-Empfänger und Flüchtlinge eingeführt. Der Antrag, ursprünglich von der AfD eingebracht und von CDU-Fraktionschef Gert Rudolf erweitert, wurde mit einer Mehrheit aus 24 Ja-Stimmen, 16 Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Dies markiert einen bundesweiten Novum, da erstmals auch Stütze-Bezieher verpflichtet werden, eine Gegenleistung zu erbringen, um volle Leistungen zu erhalten.
Die Abstimmung fand in der letzten Sitzung des Jahres 2024 statt. Rudolf betonte, dass Leistungsempfänger auch etwas für ihren Lebensunterhalt tun müssen und kritisierte, dass Bürgergeld-Empfänger oft lange Zeit keine Arbeit verrichten. Die neue Regelung orientiert sich am Saale-Orla-Kreis in Thüringen, wo bereits eine ähnliche Arbeitspflicht für Asylbewerber eingeführt wurde. Dort erhalten Verpflichtete einen Stundenlohn von 80 Cent; 25 Prozent der Verpflichteten haben einen Vollzeit-Job, jedoch erhielten 13 von 130 Verpflichteten Leistungskürzungen.
Reaktionen und Umsetzungen
Der SPD-Bürgermeister von Schwerin, Rico Badenschier, äußerte scharfe Kritik an der Neuregelung. Er bezeichnete die Debatte als Appell an niedere Instinkte und hielt die Argumentation für irreführend. Zudem bezeichnete er die neuen „Arbeitsgelegenheiten“ als unwirksames Instrument zur Integration in den Arbeitsmarkt. Trotz der Ablehnung seiner Fraktion muss Badenschier jedoch gemeinsam mit Jobcentern und sozialen Trägern an der Umsetzung der neuen Regelung arbeiten.
Zusätzlich wird in der Diskussion um die Arbeitspflicht auf die gesetzlichen Grundlagen hingewiesen. Das Asylbewerberleistungsgesetz und das Sozialgesetzbuch sehen zwar Arbeitsgelegenheiten vor, jedoch gab es bislang keine Pflicht zur Annahme. Nach den Regeln dürfen Asylbewerber erst nach drei Monaten arbeiten, während für Geduldete oder Flüchtlinge mit minderjährigen Kindern eine Wartezeit von sechs Monaten gilt. Kritiker, einschließlich des Vereins Pro Asyl, äußern Bedenken gegen die Arbeitspflicht und warnen, dass damit der Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete zusätzlich erschwert wird.
Die Entscheidung von Schwerin spiegelt die landesweite Debatte über Integrationsmaßnahmen und Arbeitsmarktpolitik wider, die sowohl politische als auch gesellschaftliche Dimensionen umfasst. Arbeitsmarktforscher warnen derweil, dass die Einführung solcher Maßnahmen mit hohen Kosten für die Kommunen verbunden sein könnte, unter anderem aufgrund von Betreuung und bürokratischem Aufwand. Die Diskussion ist somit Teil eines komplexen Gefüges, das die Integration von Flüchtlingen in Deutschland betrifft.
Für mehr Informationen zur Arbeitspflicht in Schwerin können Sie Focus und buerger-geld.org besuchen.