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Freundschaft als Familie: So unterstützen uns Wahlfamilien im Alltag!

In Deutschland gibt es einen auffälligen Geschlechterunterschied in der Verteilung der Care-Arbeit. Frauen investieren durchschnittlich 44,3% mehr Zeit in diese Aufgaben als Männer. Der Wandel von klassischen Familienstrukturen hin zu sogenannten Wahlfamilien bietet eine interessante Perspektive auf soziale Unterstützung im Freundeskreis, wie in einem Artikel von ZVW berichtet wird. Diese Wahlfamilien zeichnen sich dadurch aus, dass sie zunehmend die Rolle der traditionellen Kernfamilien übernehmen.

Soziologe Janosch Schobin, der an der Universität Göttingen forscht, untersucht die Rolle von Freundschaft und deren Einfluss auf soziale Strukturen. Schobin erläutert, dass etwa 10% der Gesellschaft vornehmlich freundschaftszentriert leben. Diese Tendenz ist insbesondere in der Phase des jungen Erwachsenenalters zu beobachten und nimmt ab, sobald eigene Familien gegründet werden. Aus seiner Forschung geht hervor, dass Freundschaften in einer Vielzahl von Lebensbereichen als Unterstützungssystem dienen.

Wahlfamilien als moderne Unterstützungssysteme

Wahlfamilien sind nicht nur dezentral organisiert, sondern erfassen auch ein Netzwerk von Beziehungen, die über ein exklusives Paar hinausgehen. Die Qualität solcher Beziehungen wird oft durch gemeinsame Rituale, Intensität und Dauer geprägt. Dies ist ein entscheidender Faktor, wann Freunde als Familie betrachtet werden können. Dennoch gilt es als herausfordernd, Pflege über Freundschaften zu organisieren, besonders wenn diese nicht in derselben Haushaltsgemeinschaft leben. Pflegegeld wird häufig an das Zusammenleben und das Teilen von Einkommen gekoppelt, was die Unterstützung zwischen Freunden erschwert.

Die Forschung zur Freundschaft hat sich in der Soziologie als eigenständige Disziplin etabliert, die verschiedene Facetten von zwischenmenschlichen Beziehungen beleuchtet. Zu den zentralen Themen gehört die soziale Netzwerktheorie, die untersuchen, wie Freundschaften emotionale, kognitive und materielle Unterstützung bieten. Insbesondere in Krisenzeiten, wie etwa bei der Kindererziehung, zeigen Freunde oft nicht geschlechtsspezifische Unterstützung.

Kritische Betrachtung von Pflege durch Freunde

Insofern ist die Forschung von Schobin besonders relevant. Er weist darauf hin, dass Frauen aufgrund ihrer Sozialisation häufig in Pflegeverhältnisse involviert sind und wichtige Pflegeskills entwickeln. Die Intimität in Freundschaften, die meist kommunikationsbasiert ist, unterscheidet sich markant von der körperlichen Intimität, die in klassischen Familienstrukturen oft vorherrscht. Der gesellschaftliche Blick auf traditionelle Familien hat sich gewandelt, und immer mehr Menschen identifizieren sich mit alternativen Lebensmodellen.

Darüber hinaus argumentiert Schobin, dass der gesellschaftliche Druck, familiäre Beziehungen zu pflegen, in Zeiten sozialer Isolation und Individualisierung gesenkt wurde. Diese Änderungen führen dazu, dass Wahlfamilien immer mehr an Bedeutung gewinnen und die Rolle der Freundschaft neu definiert wird. Die Fähigkeit, pflegerische Unterstützungsleistungen zu erbringen, wird hierbei als entscheidendes Merkmal von Wahlfamilien hervorgehoben.

Zusammenfassend zeigt sich, dass Freundschaften in der heutigen Zeit stärker denn je als soziale Alternative zu traditionellen familiären Strukturen auftreten. Schobin und andere Forscher arbeiten daran, die komplexen Dynamiken von Freundschaft und deren gesellschaftlichen Einflüssen zu beleuchten, was für die zukünftigen sozialpolitischen Entscheidungen von Bedeutung ist.

Statistische Auswertung

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Göttingen, Deutschland
Beste Referenz
zvw.de
Weitere Infos
uni-kassel.de

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