
In einer bahnbrechenden internationalen Studie unter der Leitung der Universität Hamburg wurden Foraminiferen, die Einzeller aus der Gruppe der Amöbenartigen, analysiert. Diese Organismen sind nicht nur faszinierend, sondern spielen auch eine entscheidende Rolle im marinen Ökosystem. Die Studie, die im renommierten Wissenschaftsjournal „Nature“ veröffentlicht wurde, enthüllt, dass Foraminiferen Phosphat aus dem Wasser in erheblichem Maße aufnehmen.
Weltweit existieren mehrere Tausend Arten von Foraminiferen, wobei 10 bis 20 von ihnen im deutschen Wattenmeer leben. Darunter die Art Ammonia confertistesta, die in der Studie besondere Beachtung fand. Dr. Nicolaas Glock, der die Studie leitete, hatte bereits 2020 herausgefunden, dass diese kleinen Organismen in der Lage sind, große Mengen Phosphat zu speichern.
Unterirdische Speicher und deren Bedeutung
Phosphat ist ein Hauptbestandteil vieler Düngemittel und fördert das Wachstum von Nutzpflanzen. Allerdings hat eine übermäßige Zufuhr an Düngemitteln auch drastische negative Auswirkungen auf marine Ökosysteme, darunter giftiges Algenwachstum. Diese Überdüngung kann schließlich zu einem ökologischen Ungleichgewicht führen.
Die Untersuchung zeigte, dass fast alle getesteten Foraminiferen-Arten Phosphat speichern. Insbesondere die Ammonia confertistesta speichert etwa 5% des Phosphats, das in Deutschland jährlich als Dünger verwendet wird. Foraminiferen fungieren somit als bedeutende Senke für Phosphat und können den menschlichen Phosphateintrag ins Meer um bis zu einen Monat verzögern.
Foraminiferen und das marine Ökosystem
Die weniger häufigen Foraminiferen in der Ostsee könnten eine Erklärung für die dort stärkere Überdüngung bieten. Diese Spezies können zwar Phosphat nicht abbauen, speichern es jedoch als Energiereserve und setzen es bei Bedarf wieder frei. Nur beim Absterben der Foraminiferen und durch die Bildung neuer Sedimente wird Phosphat teilweise dauerhaft aus dem Meerwasser entfernt. Diese Prozesse sind entscheidend, um das Gleichgewicht in marinen Ökosystemen zu erhalten.
Foraminiferen, im Deutschen auch als Kammerlinge bezeichnet, scheinen trotz ihrer Größe von meist weniger als einem Millimeter in einer Vielzahl von marinen Biotopen zu leben. Ihre Gehäuse bestehen häufig aus Kalziumkarbonat und schützen ihren Weichkörper. Diese Organismen sind in allen Ozeanen zu finden, selbst in extremen Tiefen wie der Challenger Tiefe, die 10.000 Meter unter dem Meeresspiegel liegt.
Darüber hinaus sind Foraminiferen nicht nur Schätze der Biodiversität, sondern dienen auch als wichtige Indikatoren für die Analyse historischer und gegenwärtiger Umweltbedingungen. Mit Hilfe der stabilen Isotope in ihren Schalen können Wissenschaftler Informationen über frühere Wassertemperaturen und Eiszeiten gewinnen, was die Wichtigkeit dieser kleinen Organismen für die paläoceanografische Forschung unterstreicht. Ihr Speicherverhalten für Phosphat und ihre Reaktionen auf Veränderungen in der Umwelt machen sie zu einem Schlüssel für das Verständnis zukünftiger mariner Veränderungen.