
Die Festsetzung des Öltankers „Eventin“ vor der Küste Rügens hat die Aufmerksamkeit auf die Schattenflotte Russlands gelenkt. Diese Flotte, eine Ansammlung von unversicherten Schiffen, die mit dem Ziel operiert, westliche Sanktionen zu umgehen, wird zunehmend als Bedrohung für die Ökosysteme der Ostsee wahrgenommen. Der Öltanker war mit fast 100.000 Tonnen Öl beladen, als er vor mehr als einer Woche havarierte und schließlich nach Sassnitz geschleppt wurde. Aufgrund laufender Zollprüfungen wird derzeit untersucht, ob das beförderte Öl aus Russland stammt und ob das EU-Öl-Embargo verletzt wurde. Nordkurier berichtet, dass Sascha Lohmann, ein Sanktionsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, in diesem Kontext die Situation als „ökologische Zeitbombe“ bezeichnet.
Die Herausforderungen, die sich aus der Festsetzung des Tankers ergeben, sind sowohl juristischer als auch ökologischer Natur. Lohmann, der zwischen 2022 und 2023 das Auswärtige Amt in Sanktionsfragen beriet, sieht in den Vorfällen eine neue Dimension für die Europäische Union. Die EU-Sanktionen gegen Russland, die als beispiellos in ihrem Umfang gelten, stehen im Kontrast zu den Erfahrungen der USA, die bereits erfolgreich Schiffe beschlagnahmt haben, als es um die Sanktionen gegen Iran und Nordkorea ging. Obwohl Lohmann glaubt, dass das Öl der „Eventin“ nicht beschlagnahmt, sondern möglicherweise Strafzahlungen für die Crew verhängt werden, bleibt die rechtliche Lage unklar.
Herausforderungen und rechtliche Grauzonen
Experten sind sich einig, dass die Schattenflotte Russlands floriert und sich kontinuierlich vergrößert, auch als Reaktion auf bestehende und neue westliche Sanktionen. Laut n-tv ist die Schattenflotte vor allem in der Lage, Rohöl über Pipelines und Tanker zu exportieren. Diese Flotte spielt eine bedeutende Rolle für den Export nach China und Indien, während neue US-Sanktionen 183 Öltanker und bedeutende Ölkonzerne wie Gazprom Neft und Surgutneftegaz ins Visier nehmen.
Die aktuelle Situation ist nicht nur problematisch aus ökologischer Sicht, sondern auch auf wirtschaftlicher Ebene. Die Sanktionen drängen die Gewinne Russlands erheblich und führen zu steigenden Kosten. Alexandra Prokopenko, eine ehemalige Beraterin der russischen Zentralbank, betont, dass Russland die Herausforderung hat, seine Exporte anzupassen und gleichzeitig unter den Druck der westlichen Sanktionen zu leiden. In der Folge zeigt sich eine schwindende Handlungsfähigkeit, während China und Indien an Einfluss gewinnen und zunehmend günstigere Preise für russisches Öl aushandeln.
Langfristige Implikationen für Russland
Die Auswirkungen der Sanktionen auf die russische Wirtschaft sind unverkennbar. Trotz eines Anstiegs der öl- und gaskompromittierten Einnahmen, die 2024 um 26% auf 11,13 Billionen Rubel gestiegen sind, kommt es aufgrund niedrigerer Ölpreise und sinkender Gasexporte zu einem Rückgang der Einnahmen in 2023 um 24%. Tagesschau hebt hervor, dass die militärischen Ausgaben auch bei einem möglichen Waffenstillstand weiter steigen könnten. Diese Situation ist besonders prekär, da sie mit einem Arbeitskräftemangel in Russland einhergeht, der die wirtschaftliche Stabilität weiter gefährdet.
Insgesamt zeigt sich eine komplexe Landschaft, in der ökologische, ökonomische und politische Überlegungen eine zentrale Rolle spielen. Die Schattenflotte und die Umgehung von Sanktionen sind dabei nicht nur Herausforderungen für die Euroatlantische Gemeinschaft, sondern auch für die globalen Energiemärkte und die geopolitische Stabilität.