
Chemnitz hat sich als vierte deutsche Stadt in die Riege der europäischen Kulturhauptstädte eingereiht. Mit dem Motto „C the Unseen“ zielt die Stadt darauf ab, Vielfalt und kreative Ausdrucksformen zu präsentieren. Über 200 Projekte und beeindruckende 1.000 Veranstaltungen sind im Laufe des Jahres geplant, wie ksta.de berichtet.
Das umfangreiche Programmbuch von etwa 500 Seiten spiegelt die Bemühungen wider, Chemnitz als lebendige und vielfältige Stadt zu zeigen. Zu den Highlights zählen eine große Ausstellung zum Maler Edvard Munch mit dem Thema „Angst“, ein Kunstpfad namens „Purple Path“, der die Stadt mit ihrem Umland verbindet, sowie innovative „Garagen“ als Orte des sozialen Austauschs. Dazu gesellen sich eine Marathon-Strecke, die musikalische Vielfalt von Klassik bis Elektro bietet, und eine ganztägige Tanzperformance namens „Odyssee in C“, inspiriert von James Joyces „Ulysses“.
Herausforderungen und gesellschaftliches Engagement
Trotz der positiven Vorzeichen steht Chemnitz vor Herausforderungen. 2018 gab es gewalttätige Ausschreitungen von Rechtsextremen, und das Erbe dieser Ereignisse schwebt weiterhin über der Stadt. Am Eröffnungstag der Kulturhauptstadt sind bereits Demonstrationen von rechtsextremen Gruppen unter der Leitung von Martin Kohlmann angekündigt. Diese Demonstrationen erinnern an die Geschehnisse von 2018, was in vielen Chemnitzern Besorgnis auslöst. Die Stadtverwaltung hat die Demonstration genehmigt und beruft sich auf die Meinungsfreiheit, was einige Kritiker, wie Frauke Wetzel von ASA-FF, in Frage stellen. Wetzel hat eine Gegendemonstration organisiert, die von zivilgesellschaftlichen Gruppen und dem DGB Südwestsachsen unterstützt wird und die an das „Wir sind mehr“-Konzert von 2018 anknüpfen möchte.
Oberbürgermeister Sven Schulze betont jedoch, dass die Entscheidung zur Genehmigung der Demonstration auch den Grundsatz der Meinungsfreiheit respektiere. Er sieht die Kulturhauptstadt als Chance, die „stille Mitte“ der Gesellschaft aktiv werden zu lassen. Die Gesellschaft hinter dem Programm, die Chemnitz 2025 gGmbH, hat das Ziel, nachhaltige Strukturen und Kommunikationsräume zur Bürgerbeteiligung zu schaffen. In der gGmbH sind verschiedene Abteilungen strukturell verankert, um die Aktivitäten aus dem Bewerbungsbuch umzusetzen, wie auch mdr.de festhält.
Positives Feedback und wirtschaftliche Chancen
Trotz dieser Herausforderungen rechnet Chemnitz mit rund 2 Millionen Besuchern während des Jubiläumsjahres. Die Stadt hofft, dass das Angebot an Hotels und Gaststätten, auch in den umliegenden Städten, ausreicht, um den Bedarf zu decken. Hotelpreise sind im Vergleich zu anderen Großstädten moderat, könnten aber an Wochenenden bei Großveranstaltungen steigen. Laut Kulturstaatsministerin Claudia Roth sorgt das bunte Programm für positive Aufmerksamkeit über die Region hinaus und hebt die Authentizität der Stadt hervor.
EU-Kulturkommissar Glenn Micallef hat sich ebenfalls optimistisch geäußert und erwartet ein Jahr voller Feierlichkeiten zur Präsentation der Vielfalt der EU. Chemnitz investiert über 100 Millionen Euro in das Projekt, wobei circa 60 Millionen Euro für Interventionsflächen eingeplant sind. Zu den geplanten Projekten gehören unter anderem die Sanierung einer ehemaligen Fabrikruine zu einem Besucherzentrum und die Umwandlung des Elternhauses von Karl Schmidt-Rottluff in ein Museum.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Konflikt um die Demonstrationen auf die Eröffnungsfeiern auswirken wird und ob die Bürger von Chemnitz die Gelegenheit nutzen werden, aktiv für ihre Kulturhauptstadt einzutreten. Dennoch zeigt die Stadt mit ihrem breit gefächerten Programm und dem Engagement der Bürger ein starkes Zeichen für kulturelle Vielfalt und Partizipation.