
Im Kontext der bevorstehenden Bundestagswahl hat Bischof Karl-Heinz Wiesemann eine klare Haltung gegenüber der Alternative für Deutschland (AfD) eingenommen. Er schließt eine engere Zusammenarbeit zwischen der Kirche und der AfD aus und bezeichnet deren völkischen Nationalismus als unvereinbar mit den Grundüberzeugungen des Christentums. „Die Positionen der AfD stehen im Widerspruch zur christlichen Botschaft“, so Wiesemann, der die Verbindung zwischen politischer Positionierung und kirchlicher Zugehörigkeit stark betont. Für Angestellte und Mitarbeiter der Kirche gilt eine strikte Grundordnung: Wer öffentlich gegen die Prinzipien des Glaubens auftritt, kann nicht in der Kirche angestellt sein, erklärt der Bischof. Diese Haltung steht im Einklang mit den allgemeinen Leitsätzen der Deutschen Bischofskonferenz, die ebenfalls die Unvereinbarkeit von Rechtsextremismus und Christentum feststellt.
Wiesemann möchte jedoch nicht pauschal jeden AfD-Wähler verurteilen. Er warnt davor, dass eine differenzierte Betrachtung erforderlich ist, insbesondere bei den ehrenamtlich Engagierten in den Gemeinden. Die entscheidende Frage sei, wie explizit jemand AfD-Positionen vertrete. „Wer im Geist dieser Ideologie handelt, der kann nicht Teil der Kirche sein“, stellt er klar.
Wählerverhalten und gesellschaftliche Verantwortung
Er betont die Notwendigkeit für Christen, aktiv am Aufbau einer demokratischen, gerechten und solidarischen Gesellschaft mitzuwirken. Dazu gehöre, das Wahlrecht „in verantwortlicher Weise“ zu nutzen. Wiesemann verweist in diesem Kontext auf die Initiative „Aufstehen für Menschenwürde und Demokratie“, die von seinem Bistum und der Pfälzischen Landeskirche ins Leben gerufen wurde. Diese Initiative soll dazu beitragen, das Vertrauen in die Demokratie zu stärken und zu betonen, dass sich die Kirchen von Positionen abgrenzen, die nicht mit ihrem Menschen- und Weltbild vereinbar sind. In einer Zeit, in der der politische Diskurs zunehmend polarisiert wird, ist dieser Aufruf umso wichtiger.
Die von Wiesemann geäußerten Bedenken werden durch die Berichte des Verfassungsschutzes untermauert. Die AfD sowie ihre Jugendorganisation Junge Alternative (JA) und der Plattform „Der Flügel“ stehen im Visier des Verfassungsschutzes und sind als Prüffälle klassifiziert. Ein umfassendes Gutachten dokumentiert, dass die AfD Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung aufweist und deren Ideologie radikalere Tendenzen zeigt. Insbesondere die Diskriminierung von Flüchtlingen in den Äußerungen der AfD und JA sowie die Verunglimpfung demokratisch legitimierter Repräsentanten werden als besorgniserregend angesehen, was Wiesemanns Aussagen zusätzliche Gewichtung verleiht.
Gesellschaftliche Polarisierung und rechtsextreme Bewegungen
Die Deutsche Bischofskonferenz hat die gesellschaftliche Polarisierung und die wachsende Anziehungskraft rechtsextremistischer Bewegungen ebenfalls thematisiert. In einer kürzlich veröffentlichten Erklärung wird betont, dass das Konzept des völkischen Nationalismus unvereinbar mit dem christlichen Menschenbild ist. Die Bischöfe fordern die Aufnahme von politischen, religiösen oder rassistisch verfolgten Menschen und warnen vor der Erosion des zivilen demokratischen Bewusstseins, die durch Krisen wie die Corona-Pandemie und den Krieg gegen die Ukraine bedingt ist.
In Anbetracht dieser Entwicklungen rufen Wiesemann und die Bischofskonferenz die Bürger auf, rechtsextreme politische Angebote abzulehnen und sich aktiv für die freiheitliche Demokratie und die Menschenwürde einzusetzen. Sie betonen, dass ein Dialog mit Menschen, die empfänglich für rechtsextreme Ideologien sind, möglich, aber notwendig sei, um radikale Thesen zu entlarven.