
In Bremen wird über ein neues Tauschmodell diskutiert, das Autofahrern ab 65 Jahren ermöglichen soll, ihren Führerschein gegen ein Jahresfahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr einzutauschen. Die Idee, die bereits in Bremerhaven erfolgreich umgesetzt wird, sorgt für hitzige Debatten, insbesondere innerhalb der rot-grün-roten Koalition, die zwar grundsätzlich positiv gegenüber dem Modell eingestellt ist, jedoch Bedenken wegen der finanziellen Umsetzbarkeit äußert. Die Enquête-Kommission und die Koalitionsvereinbarung in Bremen sehen diesen Austausch vor, jedoch sind wichtige Details noch ungeklärt.
Michael Jonitz, ein CDU-Abgeordneter, hatte auf eine baldige Behandlung des Themas in der Stadtbürgerschaft gehofft, welche nun für den Februar angesetzt ist. Er sieht das Bremerhavener Modell als attraktive Alternative für Senioren. In Bremerhaven können Autofahrer ab 70 Jahren seit dem 1. April 2023 kostenlos Bus fahren, wenn sie ihren Führerschein abgeben. Dieses Programm, bekannt als „Umsteigen70“, hat bereits 1280 Teilnehmer verzeichnet, die mit ihren Führerscheinen gegen ein Jahresticket eintauschten. Die jährlichen Kosten für dieses Modell liegen schätzungsweise bei 500.000 Euro.
Finanzielle Herausforderungen
Anja Schiemann von der SPD äußerte Bedenken zur Finanzierbarkeit eines ähnlichen Tauschmodells in Bremen, insbesondere angesichts derMillionendefizite der Bremer Straßenbahn AG (BSAG). Die Kostenschätzungen für Bremen variieren, wobei Jonitz von jährlich 4,5 Millionen Euro ausgeht, basierend auf der Teilnehmerzahl von etwa 6500 Senioren. Ralph Saxe von den Grünen und Olaf Zimmer von der Linksfraktion fordern eine soziale Staffelung des Seniorentickets und eine Einbeziehung weiterer Gruppen, während alle drei Politiker anerkennen, dass derzeit kein finanzieller Spielraum für das Tauschmodell vorhanden ist.
In Hannover zeigt sich, wie heikel derartige Programme sein können. Dort wurde die Aktion „Fahrschein gegen Führerschein“ aufgrund von Geldmangel eingestellt, nachdem 6600 Senioren ihren Führerschein gegen ein Jahresticket eingetauscht hatten. Fast die Hälfte dieser Senioren nutzte auch nach Ablauf der Freifahrkarte weiterhin die öffentlichen Verkehrsmittel.
Öffentliche Verkehrsmittel als Mobilitätsalternativen
Das Interesse an einem Tauschmodell wird auch dadurch genährt, dass öffentliche Verkehrsmittel eine ökologische Alternativlösung darstellen. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes kann jemand, der ein Jahr lang mit dem ÖPNV zur Arbeit fährt, erhebliche Kosten und CO2-Emissionen einsparen. Diese Ersparnisse sind besonders für Senioren von Bedeutung, die möglicherweise keine anderen Optionen zur Verfügung haben, da das Autofahren für viele länger werdende Wege zunehmend unsicher erscheint.
Das Bremerhavener Programm bietet nicht nur ein Jahresticket, sondern auch eine attraktive Mitnahmeregelung für Familienangehörige, was beim Tauschmodell in Bremen ebenfalls berücksichtigt werden könnte. Ob das Angebot in Bremen Realität wird, ist jedoch ungewiss. Bislang erhielt eine Petition zur sofortigen Umsetzung des Modells nur 20 der benötigten 50 Unterschriften.
Die Seniorenvertretung Bremen plant, den konkreten Bedarf für das Tauschmodell zu ermitteln. Die Diskussion über das Senioren-Ticket bleibt also spannend, während sich alle Akteure bewusst sind, dass für viele ältere Menschen öffentliche Verkehrsmittel eine essenzielle Mobilitätslösung darstellen.