
Am 27. Januar 2025 wurde bei der Gedenkveranstaltung zum Holocaust-Gedenktag in Strausberg, Brandenburg, ein schwerwiegender Vorfall registriert. Der Staatsschutz hat Ermittlungen eingeleitet, nachdem es zu einem Streit zwischen drei Männern mit unterschiedlichen politischen Ansichten kam. Der Konflikt trug sich nach der Kranzniederlegung zu, als ein 35-Jähriger einem der anderen Männer einen Stoß gab und ein Taschenmesser zeigte. Glücklicherweise konnten die Männer die bedrohliche Situation am Montagnachmittag verlassen und die alarmierte Polizei stellte den Verdächtigen, der zu diesem Zeitpunkt jedoch kein Messer bei sich hatte.
Die Gedenkveranstaltung wurde von der Stadt Strausberg und dem Kreisverband Märkisch-Oderland der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist:innen“ organisiert. Statt wie gewohnt in Ruhe zu verlaufen, wurde sie jedoch mehrfach gestört. Samuel Signer, Sprecher der Vereinigung, forderte, dass Bedrohungen gegen ihre Mitglieder Konsequenzen nach sich ziehen müssen. Berichten zufolge flüchteten Teile der bedrohten Versammlung ins angrenzende Seniorenheim, als die Situation eskalierte.
Politische Implikationen
Die Teilnahme mehrerer AfD-Stadtverordneter an der Veranstaltung wirft Fragen bezüglich politischer Einflussnahme und Extremismus auf. Während die Polizei in ihrer Mitteilung keinerlei Verbindungen zur AfD herstellte, sorgte die Teilnahme der Parteimitglieder dennoch für Kontroversen. Eine Stadtverordnete intervenierte in dem Vorfall und konnte den Angreifer abdrängen. Der AfD-Kreisvorstand war sich lediglich einer „Rangelei“ bewusst und äußerte sich nicht zu den weiteren Vorfällen.
Die Störung der Gedenkveranstaltung in Strausberg ist nicht isoliert. Aktuelle Berichte zeigen eine alarmierende Zunahme von Angriffen auf Gedenkstätten in Deutschland. Seit Anfang 2019 wurden über 1700 Fälle politisch motivierter Kriminalität an deutschen Gedenkstätten verzeichnet, wovon mehr als 1000 als „rechts“ eingestuft werden. Besonders betroffen ist die Gedenkstätte Buchenwald, die allein im Jahr 2023 bereits 36 rechtsextreme Vorfälle dokumentierte.
Erinnerungskultur im Fokus
Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, das in Deutschland mit dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar begangen wird, ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur. In einem Land, in dem mehr als 300 Gedenkstätten und NS-Dokumentationszentren existieren, stehen die Erinnerungs- und Aufarbeitungskultur jedoch unter Beschuss. Politologin Saba-Nur Cheema beschreibt die Erinnerungskultur als ein kollektives Wissen über die Vergangenheit, das auch die Auseinandersetzung mit den Gräueltaten des Nationalsozialismus umfasst.
Die jüngsten Vorfälle werfen ein grelles Licht auf die Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft steht. Veronika Hager von der Stiftung EVZ thematisierte Vandalismus und Holocaustleugnung in Gedenkstätten. Dies zeigt, dass trotz des intensiven Gedenkens an den Holocaust und die NS-Verbrechen ein ernsthaftes Problem mit der Wahrung der Erinnerung und der Wertschätzung der damit verbundenen Lehren besteht.
Es bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Ermittlungen und die öffentliche Diskussion über diese Vorfälle einen Aufschwung für eine differenzierte Betrachtung der Erinnerungskultur und einen verstärkten Schutz gegen rechtsextreme Störungen bringen werden. Die Politik und die Zivilgesellschaft sind gefordert, ein sicheres Umfeld für das Gedenken zu schaffen, welches dem Ernst der Vergangenheit gerecht wird.
Für weitere Informationen zu den Vorfällen und deren Auswirkungen auf die Gedenkkultur können Sie die Artikel von FAZ und Deutschlandfunk lesen.