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Politikverdrossenheit: Warum die Wähler das Vertrauen verlieren

In Baden-Württemberg, wo die Bundestagswahl am Horizont steht, ist die Politikverdrossenheit ein zunehmend dominantes Thema. Ehemalige Polizisten wie Peter Wurzer, 66 Jahre alt, fühlen sich von der aktuellen politischen Landschaft entfremdet. Wurzer, der 35 Jahre lang als Polizeibeamter in Baden-Württemberg tätig war, darunter fünf Jahre im Personenschutz, kritisiert Politiker, die seiner Meinung nach nicht mehr für das Volk arbeiten. Er hat unter anderem die Staatsoberhäupter Willy Brandt und Helmut Schmidt sowie den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth geschützt und sieht die heutige Politik stark durch persönliche Interessen geprägt.

Wurzer, der 2009 Hillary Clinton nach dem NATO-Gipfel in Baden-Baden begleitete, hat auch Richter während der Stammheim-Prozesse beschützt. Trotz seiner jahrelangen Erfahrung im Sicherheitsbereich ist er enttäuscht über die Politik und den Umgang zwischen den Politikern. In seinem Bekanntenkreis, der aus seriösen, gesettelten Personen besteht, bemerkt er eine wachsende Politikverdrossenheit.

Wachsende Unzufriedenheit mit Politikern

Politikverdrossenheit ist kein neues Phänomen. Bereits 1992 wurde der Begriff als Wort des Jahres gewählt. Aktuelle Umfragen bestätigen jedoch eine anhaltende Unzufriedenheit: Fast drei Viertel der Bevölkerung geben an, mit Politikern und Parteien unzufrieden zu sein. Eine Untersuchung der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen zeigt, dass 73% der Befragten Unzufriedenheit als Grund für die zunehmende Wahlmüdigkeit nennen. Diese Zahl stieg von 59% im Jahr 2002.

Ein weiteres besorgniserregendes Zeichen ist das schwindende Vertrauen in die Wahlversprechen der Politiker. Gut zwei Drittel der Bevölkerung glauben 2009, durch Wahlversprechen belogen zu werden. Laut Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, dem wissenschaftlichen Leiter der Stiftung, betrachten die Bürger Politiker zunehmend nicht mehr als verlässliche Partner.

Die Perspektive der Wissenschaft

Angelika Vetter, Professorin für Sozialwissenschaften an der Universität Stuttgart, identifiziert eine heterogenere Gesellschaft, die den Parteien die Bündelung von Interessen erschwert. In der Vergangenheit waren politische Auseinandersetzungen oft nicht friedlich, und Vetter betont, dass Vertrauen in die Politik nur zurückgewonnen werden kann, wenn relevante Themen angepackt werden. Viele Wähler empfinden Wahlprogramme als unverständlich, was zu einer weiteren Distanzierung von der Politik führt.

Zusätzlich zeigt eine Analyse, dass immer mehr Jungwähler sich nicht mit den bestehenden Parteien identifizieren können. 53% der Jungwähler geben an, dass keine Partei ihren Vorstellungen entspricht, und fast die Hälfte hat ein sinkendes Interesse an politischen Themen. Insbesondere dramatisch ist der Anstieg des Anteils der Jungwähler, die den Wahlversprechen misstrauen – 65% im Jahr 2009 im Vergleich zu nur 40% im Jahr 2002. Dies könnte langfristig zu einem Legitimationsschwund für die Parteien führen.

Die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2021 lag letztendlich bei 76,6%, was einen Anstieg im Vergleich zu 2009 (70,8%) darstellt. Wurzer selbst plant, an der nächsten Wahl teilzunehmen, hat jedoch Schwierigkeiten, sich für einen konkreten Kandidaten zu entscheiden. Diese Entwicklung wirft einen Schatten auf die politische Kultur in Deutschland und lässt aufhorchen: Wie kann das Vertrauen wiederhergestellt werden?

Ein respektvoller und lösungsorientierter Umgang unter Politikern ist der Wunsch vieler Bürger, was in Leserkommentaren immer wieder zum Ausdruck kommt. Die Herausforderungen sind groß, und die Zeit drängt.

Statistische Auswertung

Genauer Ort bekannt?
Denkendorf, Deutschland
Beste Referenz
swr.de
Weitere Infos
stiftungfuerzukunftsfragen.de

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