
Nach einer Gewalttat in Aschaffenburg kommt die Debatte um die Erfassung von Personen mit psychischen Erkrankungen im Kontext von Straftaten erneut auf. Der Täter war polizeibekannt, hatte 18 Ermittlungen, darunter wegen Körperverletzung, und war aus Afghanistan stammend mit einem abgelehnten Asylantrag, wodurch er ausreisepflichtig war. Diese Situation wirft die Frage auf, warum das Gefährdungspotenzial des Mannes nicht frühzeitig erkannt wurde, wie rbb24 berichtet.
Im Abgeordnetenhaus von Berlin wurde das Fragen einer systematischen Erfassung von Personen, die dem Profil des Täters entsprechen – sprich: Straftäter, psychische Erkrankung und abgelehnte Asylbewerber – laut. Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) musste jedoch eingestehen, dass es aktuell keine solche systematische Erfassung gibt. Derzeit sind in Berlin etwa 2.700 Personen ausreisepflichtig ohne Duldungsstatus, während 14.000 Geflüchtete aus verschiedenen Gründen über Duldungsstatus verfügen.
Forderung nach einer Datenbank
Die Berliner Polizeigewerkschaft fordert eine systematische Datenbank, die Informationen über polizeibekannte Straftäter mit psychischen Erkrankungen und Asylanträgen verknüpft. Diese Datenbank, so die Vorstellung, sollte von Sicherheitsbehörden und Psychiatern gepflegt werden und ein Warnsystem zur Risikobewertung bieten. Aktuell existieren in der Polizeidatenbank lediglich personengebundene Hinweise (PHW), die für taktische Zwecke genutzt werden. Der aktuelle Stand zeigt, dass es in Berlin insgesamt 814 PHW-Vermerke zu psychischen und Verhaltensstörungen gibt (Stand Januar 2025).
Allerdings wird eine solche Datenbank von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) als problematisch angesehen. Sie warnt davor, dass psychische Erkrankungen nicht automatisch mit einem erhöhten Gefährdungspotenzial verknüpft sind. Vielmehr sei die Gruppe psychisch kranker Menschen nicht gewalttätiger als die Allgemeinheit. Professor Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der DGPPN, betont, dass nur bestimmte, oft unbehandelte psychische Erkrankungen ein erhöhtes Risiko für Gewalttaten mit sich bringen können.
Stigmatisierung psychisch Erkrankter
Die Diskussion um Datenbanken wirft auch ethische Fragen auf. Eine zentrale Erfassung psychisch Kranker könnte zu Stigmatisierung führen, wodurch Betroffene möglicherweise weniger Hilfe suchen würden. Diese Stigmatisierung ist bereits ein weit verbreitetes Problem. Laut einem Artikel von Psychologie Heute erfahren viele psychisch Erkrankte im Alltag Vorurteile und Diskriminierung, was zu sozialer Isolation führen kann.
Historisch gesehen haben psychisch Erkrankte immer wieder unter Vorurteilen gelitten. Solche Diskriminierung kann nicht nur den Genesungsprozess einschränken, sondern auch dazu führen, dass Betroffene Therapieangebote nicht wahrnehmen oder abbrechen. Daher fordert die DGPPN eine frühzeitige, koordinierte und intensive Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, um Gewalt präventiv zu begegnen, anstatt sich auf Register zu stützen.
In der fortlaufenden Diskussion über Sicherheit und psychische Gesundheit wird klar, dass ein Gleichgewicht gefunden werden muss zwischen dem Schutz der Gesellschaft und der Achtung der Rechte und der Würde psychisch erkrankter Menschen. Um effektiv gegen Gewalt und Kriminalität vorzugehen, sind strukturelle Reformen und die Bereitstellung ausreichender Ressourcen zur Behandlung psychischer Erkrankungen von entscheidender Bedeutung.