
Die Anforderungen an Unternehmen haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung, der Herausforderungen durch den Klimawandel und militärische Konflikte sehen sich Unternehmen gezwungen, ihre Geschäftsmodelle schneller denn je anzupassen. Dies hat zur Folge, dass Entscheidungsspielräume neu priorisiert und bewertet werden müssen. Die Aufsichtsräte sind gefordert, sich an diese Entwicklungen anzupassen, da die klassische retrospektive Kontrolle in vielen Fällen nicht mehr ausreicht. Um diesem Wandel Rechnung zu tragen, hat die Regierungskommission „Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK)“ in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen einen Praxis-Impuls veröffentlicht, der den Titel „Effektive Aufsichtsratsarbeit durch aktive Strategiebegleitung“ trägt und Unternehmen dabei unterstützen soll, ihre Aufsichtsratsarbeit zu reflektieren und zu verbessern. Dies berichtet die Universität Göttingen hier.
Der Praxis-Impuls, an dem unter anderem Prof. Dr. Michael Wolff von der Universität Göttingen und Prof. Dr. Georg Gutmann von der Universität St. Gallen mitgewirkt haben, definiert sieben Ansatzpunkte für eine strategiebegleitende Aufsichtsratsarbeit. Diese umfassen unter anderem eine strategiekonforme Weiterbildung der Mitglieder des Aufsichtsrats, die Implementierung strategieabgeleiteter Anforderungsprofile für die Zusammensetzung von Aufsichtsräten sowie eine regelmäßige und kritische Evaluierung der eigenen Arbeit. Das übergeordnete Ziel besteht darin, Aufsichtsratsgremien als Sparringspartner für den Vorstand im Bereich der Strategieentwicklung und -implementierung zu etablieren.
Digitalkompetenz im Aufsichtsrat
Ein weiterer zentraler Aspekt der modernen Unternehmensführung ist die Digitalkompetenz. Bei einem Corporate Governance Working Breakfast der Frankfurt School of Finance & Management am 21. November 2019 wurde die Bedeutung der Digitalkompetenz im Aufsichtsrat thematisiert. Hierbei wurde betont, dass digitale Aufsichtsratsarbeit entscheidend ist, um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen auf globaler Ebene zu sichern. Digitalkompetenz umfasst verschiedene Bereiche, darunter Realitäts-, Transformations- und Zukunftskompetenz, sowie lebenslanges Lernen und ethische Verantwortung. Diese Erkenntnisse wurden in einem Impulsvortrag von Sabrina Biedenbach, der Gründerin der Board Office Biedenbach GmbH & Co. KG, weiter vertieft. Die Informationen über diese Veranstaltung sind auf der Webseite der Frankfurt School zu finden hier.
Die Relevanz der Digitalkompetenz wird durch die steigenden Herausforderungen in der Aufsichtsratsarbeit noch verstärkt. Durch die Digitalisierung wird zum Teil ein höheres Haftungsrisiko wahrgenommen, was zu einem Anstieg des Arbeitsaufkommens und der Entscheidungsgeschwindigkeit im Aufsichtsrat führt. Unternehmen sind gefordert, ihre Aufsichtsräte entsprechend zu schulen und zu entwickeln, um diesen neuen Bedingungen gerecht zu werden.
Fazit und Ausblick
Die schnellen Veränderungen in der Unternehmenslandschaft durch Digitalisierung und andere externe Faktoren erfordern ein Umdenken in der Corporate Governance. Die neuartigen Ansätze aus dem Praxis-Impuls der DCGK zusammen mit der Verbesserung der Digitalkompetenz im Aufsichtsrat könnten entscheidende Faktoren für den langfristigen Erfolg von Unternehmen darstellen. Die Aufsichtsräte müssen sich der modernen Herausforderungen annehmen und ihre Strategien entsprechend adaptieren, um weiterhin als schlagkräftige Partner für die Unternehmensführung agieren zu können.