
Am 10. Februar kündigte Donald Trump die Einführung von Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA an, eine Entscheidung, die weitreichende Folgen für die Stahlindustrie, insbesondere für Thyssenkrupp in Duisburg, haben könnte. Der Duisburger Standort, der als Herzstück der Stahlerzeugung des Unternehmens gilt, beschäftigt rund 11.000 Menschen, deren Arbeitsplätze potenziell gefährdet sind. Dennoch zeigt sich Thyssenkrupp bislang gelassen. Der Hauptmarkt des Unternehmens ist Europa, wodurch die Auswirkungen der Zölle als gering eingeschätzt werden. Das erklärt ein Sprecher des Unternehmens, der darauf hinweist, dass die tatsächlichen Folgen der neuen Zölle noch nicht messbar seien, da diese erst in Kraft treten müssen und mögliche EU-Gegenmaßnahmen abgewartet werden müssen.
Die Stahlprodukte von Thyssenkrupp, die in die USA exportiert werden, machen nur einen sehr geringen Teil des gesamten Umsatzes aus. Diese Produkte sind zudem hauptsächlich hochwertige Erzeugnisse, für die Thyssenkrupp eine starke Marktposition hat. Auch die Relevanz der lokalen Fertigungskapazitäten in den USA trägt dazu bei, dass die Risiken durch die Zölle minimiert werden. Das American Iron and Steel Institute stellt fest, dass die USA ihren Stahl größtenteils aus Kanada, Brasilien und Mexiko beziehen, was die Abhängigkeit von deutschen Importen weiter verringert.
Die Expertenmeinung
Experten wie Gabriel Felbermayr, ehemaliger Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, sehen die Situation nicht als verheerend an. Er beschreibt die Auswirkungen als „unschön, aber nicht verheerend“, und erwartet nur moderate Folgen für Europa durch die neuen Zölle. Zudem wird spekuliert, dass die Zolleinführung dafür sorgen könnte, dass Stahl in Deutschland verbleibt, was potenziell zu niedrigeren Preisen, beispielsweise für den Bau von Windrädern, führen könnte.
Thyssenkrupp betont, dass verlässliche Einschätzungen der Auswirkungen auf die eigenen Geschäfte erst nach Inkrafttreten der Zölle möglich sind. Die Unternehmensleitung in Essen zeigt sich jedoch unbeeindruckt und versichert, dass der Einfluss auf die eigenen Geschäfte nur marginal sei, da der Hauptabsatzmarkt in Europa liegt. Der Konzern sieht sich als gut positioniert, um die Herausforderungen zu meistern.
Die Transformation der Stahlindustrie
Im weiteren Kontext steht die Stahlindustrie in Deutschland an einem entscheidenden Scheideweg. Studien im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung Stahl zeigen, dass eine umfassende Transformation notwendig ist, um die Klimaziele zu erreichen und die Wettbewerbsfähigkeit der nachgelagerten Branchen zu stärken. Die Sorge vor einer scheiternden Transformation könnte gravierende Auswirkungen auf Investitionen und Beschäftigung in stahlverarbeitenden Industrien haben.
Die Stahlindustrie spielt eine zentrale Rolle in der deutschen Wirtschaft und sorgt für 12 Prozent der Arbeitsplätze, was rund 5,5 Millionen Beschäftigte umfasst. Stahlintensive Wertschöpfungsketten machen etwa 23 Prozent des gesamten Produktionswerts in Deutschland aus. Zudem ist der Stahl aus Deutschland für 71 Prozent der Unternehmen entscheidend für das Label „Made in Germany“, und 80 Prozent der Unternehmen berichten von geringeren CO2-Emissionen bei deutschem Stahl.
Die Notwendigkeit einer „grünen Transformation“ wird von 81 Prozent der Experten als relevant erachtet. Die Transformation könnte nicht nur den CO2-Fußabdruck der stahlverarbeitenden Branchen erheblich senken, sondern auch die Resilienz des gesamten Wirtschaftsstandorts Deutschland erhöhen. Dennoch zeigen Umfragen, dass nur 14 Prozent der Unternehmen eine erfolgreiche Transformation bis 2035 erwarten.
Insgesamt wird die Stahlindustrie, und somit auch Thyssenkrupp, vor große Herausforderungen gestellt. Die kommenden Monate könnten entscheidend dafür sein, wie gut sich der Konzern und die Branche insgesamt auf die neuen Gegebenheiten einstellen können und ob die angestrebte Transformation gelingen wird.