
Eduard Stranadko, ein renommierter Professor für Fotokunst, hat eine ganz besondere Reise hinter sich. Nach seiner Flucht vor dem Krieg in der Ukraine lebt er nun in Zweibrücken, wo er seine künstlerische Karriere neu entfaltet. Bis Juni 2022 unterrichtete Stranadko an der Universität in Kiew und begleitete seine Studenten bis zum Ende des Semesters, ehe ein Raketenangriff ihn zur Flucht zwang. Seine Flucht führte ihn nach Deutschland, wo er seiner Frau Natalia Scarlatti folgte.
Die Umstände seiner Flucht waren dramatisch. Stranadko war auf einer Liste von Persönlichkeiten, die bei einer Einnahme Kiews durch Russland liquidiert werden sollten. Über 30 Jahre lebte er in Poltawa, einem Ort, der einst Schauplatz einer entscheidenden Schlacht zwischen Karl XII. und Zar Peter I. war. Diese historischen Verbindungen scheinen auch in seiner aktuellen Situation eine Rolle zu spielen, da der polnische König Stanislaus I. Leszczynski nach der Schlacht ins Exil nach Zweibrücken ging.
Ein neues Zuhause in der Kunstszene
Stranadko hat sich in einem alten Haus in der Maxstraße in Zweibrücken niedergelassen, das aus der Zeit der schwedischen Herrschaft in der Region stammt. Dort fühlt er sich wohl und betrachtet Zweibrücken als eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Werner Euskirchen, ein Hobby-Historiker, hat das Ziel, Stranadkos Kunst in der Region bekannt zu machen. Der Professor hat bereits zwei digitale Fotobücher über die Stadt und Umgebung erstellt, die kostenlos über calameo.com erhältlich sind.
Für Februar ist eine Ausstellung mit dem Titel „My imaginary friends“ im Mannlich-Haus in Zweibrücken geplant. Hier präsentiert Stranadko seine Arbeiten mit Künstlicher Intelligenz, wobei das Ersetzen von Gesichtern in Fotos ein zentrales Thema darstellt. Diese Verbindung zwischen traditioneller und digitaler Kunst zeigt die Bandbreite seines künstlerischen Schaffens.
Herausforderungen und Perspektiven
Trotz seiner positiven Erfahrungen in Deutschland hat Stranadko mit erheblichen gesundheitlichen Herausforderungen zu kämpfen. Er leidet an einer schwer fortschreitenden Krebserkrankung, die sein Leben stark beeinträchtigt. Zuvor lebte er in der Nähe von Tschernobyl und war möglicherweise radioaktivem Staub ausgesetzt. Bereits 2016 stellte er Fotografien zu dieser Katastrophe in München aus, was seine tief verwurzelte Verbindung zur Ukraine zeigt.
Die gemischten Gefühle, mit denen er die aktuelle Lage in der Ukraine betrachtet, sind unverkennbar. Stranadko sah den russischen Überfall als Einziger in seinem Freundeskreis voraus und prognostiziert zwei mögliche Zukunftsszenarien für sein Heimatland: Entweder fällt die Ukraine oder Russland zerfällt. Diese Gedanken sind für ihn sowohl bedrückend als auch faszinierend und spiegeln sich in seiner Kunst wider.
Die Bedeutung von Kunst im Kontext des Krieges wird auch in anderen aktuellen Ausstellungen deutlich. Zum Beispiel thematisiert die ukrainische Malerin Kateryna Lysovenko in ihrer Arbeit Kriegstraumata und die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft in der Ukraine. Ihre Gemälde tragen zur Diskussion über die Auswirkungen des Krieges auf die kulturelle Identität und das Gedächtnis der Menschen bei.
Letztlich bleibt Eduard Stranadko ein Emblem dieser komplexen Beziehung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Er verkörpert das Streben nach künstlerischem Ausdruck selbst unter den widrigsten Umständen und zeigt, wie Kunst als Ventil und Reflexion auf die menschliche Erfahrung dienen kann.
Für weitere Informationen über Eduard Stranadko und seine Kunst, besuche Die Rheinpfalz und Saarbrücker Zeitung. Auch die taz bietet spannende Einblicke in die aktuelle Kunstszene im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine.