
In einem schockierenden Fall von Vertrauensmissbrauch haben zwei Pflegerinnen aus einer Klinik in Freilassing systematisch Schmerzmittel gestohlen. Die 25-jährige Altenpflegerin und die 26-jährige Krankenpflegerin waren im Zeitraum von rund vier Monaten aktiv und nutzten ihre Position, um hauptsächlich das opiathaltige Schmerzmittel Tilidin zu entwenden. Dies geschah nicht nur in der Klinik selbst, sondern auch bei Hausbesuchen bei Patienten, wo die beiden Frauen unter einem falschen Vorwand medizinische Informationen sammelten, um sich Zugang zu den Medikamenten zu verschaffen. Die Staatsanwaltschaft klagte die beiden zu elf Diebstählen an und der Fall kam ans Licht, als die Polizei in einer anderen Angelegenheit zur Klinik gerufen wurde.
Die Nachforschungen ergaben, dass es Unstimmigkeiten bei den Ausgaben und Eingängen von Medikamenten gab. In der Wohnung der 26-jährigen Pflegerin entdeckte die Polizei große Mengen an gestohlenen Medikamenten. Auch Chats zwischen den beiden Frauen über den Diebstahl wurden auf dem Mobiltelefon der 26-Jährigen aufgefunden. Die 26-Jährige gab während der Ermittlungen an, sie sei durch private Probleme und Kummer dazu veranlasst worden, Euphorie zu suchen. Ihre 25-jährige Kollegin hingegen berichtete, dass ihr Bekanntenkreis sie dazu animiert habe, die Medikamente zu probieren.
Rechtliche Konsequenzen und gesellschaftliche Implikationen
Nachdem die Diebstähle bekannt wurden, erhielten die beiden Frauen keinen fristlosen Entlassungsantrag, sondern einen Aufhebungsvertrag. Interessanterweise fanden beide schnell wieder eine Anstellung, nachdem sie offen über die Vorfälle gesprochen hatten. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten, während die Verteidigung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen plädierte. In einem Urteil entschied Richterin Ann Kathrin Dolge, die Pflegerinnen zu fünf Monaten Haft auf Bewährung zu verurteilen, und betonte den Vertrauensmissbrauch, der durch ihre Taten verursacht wurde. Momentan sind die Urteile noch nicht rechtskräftig und es bleibt abzuwarten, wie sich der Fall weiter entwickeln wird.
Der Vorfall wirft Fragen zu einem größeren gesellschaftlichen Problem auf: der zunehmende Missbrauch von Schmerzmitteln, insbesondere unter jungen Menschen. Laut einem Bericht von n-tv ist der Anteil junger Abhängiger in Suchtkliniken und Substitutionspraxen zwischen 15 und 20 Prozent gestiegen. Vor einigen Jahren war dieser Anteil noch verschwindend gering. Medikamente wie Tilidin, Tramadol und Oxycodon, die zur Behandlung starker Schmerzen eingesetzt werden, gehören zu einer Gruppe neuerer Drogen, die zunehmend auch in der Rap- und Hip-Hop-Szene glorifiziert werden. Diese Verharmlosung kann dazu führen, dass junge Menschen frühzeitig mit diesen potenziell süchtig machenden Substanzen in Kontakt kommen.
Die Problematik des Schmerzmittelmissbrauchs manifestiert sich auch durch den unkontrollierten Zugang zu gefälschten Tabletten, die gefährliche Inhaltsstoffe enthalten können. Im Herbst 2024 stellte der deutsche Zoll beispielsweise rund 1.000 Tabletten sicher, die als Oxycodon deklariert waren, jedoch gefährliche Substanzen wie Nitazene und Benzodiazepine enthielten. Dieses alarmierende Phänomen verdeutlicht die Notwendigkeit von Aufklärungsmaßnahmen über die Gefahren von Schmerzmitteln und deren Missbrauch.