
Am 13. Februar 2025 wird Belgien von einer massiven Streikwelle erschüttert, die als Reaktion auf die geplanten Sparmaßnahmen der neuen Regierung unter der Koalition „Arizona“ aus fünf Parteien erfolgt. Diese Maßnahmen beinhalten eine Senkung der Sozialbeiträge, eine Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre, sowie eine Reform des Arbeitsrechts, die die Anforderungen an die wöchentliche Ruhezeit und die Regelungen zur Nachtarbeit reduzieren könnte. Zudem ist ein Einfrieren der Löhne bis 2027 vorgesehen. Der Streik, organisiert von den drei größten belgischen Gewerkschaften, führt zu erheblichen Beeinträchtigungen im öffentlichen Nahverkehr und in der Luftfahrt.
Die Lage ist besonders angespannt, da zum Zeitpunkt des Streiks NATO-Außenminister in Brüssel den NATO-Gipfel 2025 vorbereiten. Am Streiktag bleibt der Luftraum über Belgien gesperrt, während die Flughäfen, darunter der internationale Flughafen Brüssel, keine Flüge abfertigen. In den Städten Brüssel und Antwerpen ist der öffentliche Nahverkehr stark eingeschränkt: In der Hauptstadt sind nur zwei von vier U-Bahn-Linien in Betrieb und nur etwa die Hälfte der Straßenbahn- und Buslinien verkehrt. In der Provinz Limburg funktioniert der öffentliche Verkehr zu 61%, in Antwerpen hingegen nur zu 44%. Ein weiterer Streik ist bereits für den 31. März angesetzt, sollte die Regierung ihre Pläne nicht zurücknehmen.
Demonstrationen gegen die Rentenreform
Die Streikwelle geht einher mit massiven Protesten, an denen rund 30.000 Menschen in Brüssel teilnehmen. Feuerwehrleute, Lehrer und Beamte haben sich versammelt, um gegen die geplante Rentenreform zu demonstrieren. Diese Reform sieht vor, das gesetzliche Rentenalter in Belgien schrittweise von 65 auf 66 Jahre im Jahr 2025 und auf 67 Jahre im Jahr 2030 anzuheben. Infolge dieser Reform wird eine jährliche Rentenbelastung von 63 Milliarden Euro für den Staatshaushalt erwartet, während die Regierung jährliche Einsparungen von 3 Milliarden Euro anstrebt.
Die Gewerkschaften, darunter Thierry Bodson von der FGTB und Marie-Hélène Ska von der CSC, äußern Bedenken hinsichtlich möglicher Verluste für die Arbeitnehmer. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Sonderregelungen für bestimmte Berufsgruppen wie Eisenbahner, Polizisten und Soldaten, die von der Reform betroffen sind. Diese Regelungen werfen Fragen über die Gleichbehandlung innerhalb des öffentlichen Dienstes auf und könnten die Verhandlungsführer der Koalition unter Druck setzen.
Kritik am Rentensystem
Ein weiterer Kritiker der Reformen ist Bart De Wever von den flämischen Nationaldemokraten N-VA. Er fordert eine Angleichung der Pensionen von Beamten und Lehrern an die Rentensysteme von Angestellten und Selbstständigen. Seine Vorschläge, darunter strengere Regeln für Mindestrenten, könnten insbesondere Frauen benachteiligen und die Bedenken der Gewerkschaften hinsichtlich längerer Arbeitszeiten mit geringeren Renten verstärken. Die tatsächlichen Auswirkungen der Reformen dürften je nach Nähe zum Renteneintritt variieren.
In dieser angespannten Situation bleibt unklar, welche Vorschläge letztlich in einer Koalitionsvereinbarung umgesetzt werden und wie die Verhandlungsführer der Arizona-Partner – N-VA, MR, Les Engagés, Vooruit und CD&V – die erworbenen Rentenansprüche der Bürger respektieren wollen. Die durchgesickerten Vorschläge von De Wever treffen auf breite Ablehnung und die Gewerkschaften sind entschlossen, die Belange der Arbeitnehmer zu verteidigen.
Zusammengefasst verdeutlicht die aktuelle Streikwelle in Belgien die tiefen gesellschaftlichen Spannungen, die durch die angestrebten Reformen ausgelöst werden. Die Gewerkschaften sind fest entschlossen, für die Rechte der Arbeitnehmer einzutreten und ihre Stimme gegen eine Politik zu erheben, die als ungerecht empfunden wird. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein für den Verlauf dieser Auseinandersetzung.
Für mehr Details zu den aktuellen Ereignissen in Belgien können die Artikel von Unser Mitteleuropa, Euronews und VRT NWS eingesehen werden.