
Die systematische Vernichtung von Minderheiten während des Nationalsozialismus bleibt ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Dabei wurden nicht nur Juden, sondern auch Tausende Sinti und Roma in Konzentrationslagern brutal ermordet. Ein markantes Beispiel ist das Schicksal von Anna Reinhardt, die als Säugling deportiert wurde und am 1. April 1943 in Auschwitz starb. Ihre Geschichte zeigt exemplarisch die grausame Realität, der diese Gruppen ausgesetzt waren, und erinnert daran, dass das Gedenken an die Opfer von Diskriminierung und Verfolgung elementar bleibt.
Die Region rund um Rottweil in Baden-Württemberg war stark betroffen von den Deportationen. Hier lebte die überwiegend ländliche jüdische Bevölkerung, die ab 1933 unter dem „Arierparagraf“ litten, welcher zur Verdrängung von Juden aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen führte. Während viele Juden in Großstädten trotz Diskriminierung weiter leben konnten, war dies in Kleinstädten kaum möglich. Anna Reinhardt wurde am 20. August 1942 geboren und, nachdem sie nur wenige Monate alt war, nach Auschwitz gebracht, wo sie zur Opferzahl der Nazi-Vernichtungspolitik gehört.
Systematische Verfolgung der Sinti und Roma
Ab dem 4. September 1939 wurden nicht sesshafte Sinti und Roma in Polizeivorbeugungshaft genommen. Bereits im Dezember 1942 erließ Heinrich Himmler einen Befehl zur Internierung aller Sinti und Roma im Reichsgebiet. Dies führte zu einem beispiellosen Anstieg der Deportationen, insbesondere nach Auschwitz. Bis Kriegsende fanden etwa 20.000 Sinti und Roma dort den Tod oder starben aufgrund ihrer grausamen Haftbedingungen.
Die Zahl der Romani-Opfer geht jedoch weit über das hinaus, was in den offiziellen Lagern dokumentiert ist. In vielen besetzten Gebieten, wie Polen und Rumänien, wurden Roma von Wehrmachtseinheiten und Todesschwadronen brutal verfolgt. In Rumänien etwa wurden circa 25.000 Roma in „Kolonien“ deportiert, wobei fast die Hälfte die unmenschlichen Bedingungen nicht überlebte.
Gedenken und Aufarbeitung
Die Gedenkkultur hat sich in den letzten Jahren gewandelt, um das Skandalöse des Rahmens der Romani-Verfolgung ins Licht zu rücken. Jährlich wird am 2. August an die Liquidation des „Zigeunerlagers“ in Auschwitz-Birkenau erinnert. Bei dieser Aktion wurden 1944 fast 3.000 Menschen ermordet. Zudem gibt es das zentrale Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin, das 2012 eingeweiht wurde, und digitale Initiativen wie RomArchive, die die Holocaust-Erinnerungen dokumentieren.
Der Widerstand der Insassen des „Zigeunerlager“ am 16. Mai 1944 ist eine weitere Facette dieser tragischen Geschichte, die oft in den Schatten der herkömmlichen Holocaust-Gedenken fällt. Dabei sind die schrecklich vernachlässigten Erzählungen von medizinischen Experimenten und Misshandlungen ein entscheidender Teil des kollektiven Gedächtnisses.
In vielen europäischen Ländern bleibt der Antiziganismus ein ernsthaftes Problem, das weiterhin rechtlich und gesellschaftlich marginisiert wird. Initiativen von Romani-Gemeinschaften zeigen jedoch die Stärke dieser Kulturen und das Bestreben, für ihre Anerkennung und Gleichberechtigung zu kämpfen.
Die Geschichten von Anna Reinhardt und all den anderen Opfern müssen für zukünftige Generationen lebendig gehalten werden, um eine Wiederholung solcher Gräueltaten zu verhindern. Es ist wichtig, das Wissen und das Verständnis über die Verbrechen des Nationalsozialismus, insbesondere gegen Sinti und Roma, aktiv zu fördern und zu verbreiten.