
Deutschland steht vor einer zunehmenden Herausforderung: dem Mangel an Fachkräften, insbesondere in Berufen, die entscheidend für die Energiewende sind. Laut einer Untersuchung des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bleibt die Fachkräftelücke in der Energiewende bestehen, obwohl sich die allgemeine Lücke im Jahr 2024 verringert hat. Über 487.000 Stellen konnten nicht passend besetzt werden, was einen Rückgang von 14,6 % gegenüber dem Vorjahr darstellt, jedoch besonders in den relevanten Bereichen der erneuerbaren Energien einen Engpass aufweist. Diese Erkenntnisse wurden auch von tagesspiegel.de bestätigt.
Die größte Herausforderung zeigt sich in der Bauelektrik. Hier existieren weiterhin über 18.300 offene Stellen, was einen Anstieg um 2,9 % im Vergleich zu 2023 darstellt. Bauelektriker sind von zentraler Bedeutung für die Installation von Solaranlagen und Windkraftanlagen, die für die Energiewende erforderlich sind. In der elektrischen Betriebstechnik gibt es im Jahresschnitt etwa 14.200 offene Stellen, was eine Zunahme von 10 % bedeutet. Elektrotechnik-Ingenieure, die für die Integration erneuerbarer Energiequellen ins Stromnetz zuständig sind, sehen sich mit mehr als 8.500 unbesetzten Stellen konfrontiert.
Wachsende Herausforderungen in der Branche
Besonders alarmierend ist der Anstieg der offenen Stellen in der Schweiß- und Verbindungstechnik, der mit 4.370 ungefüllten Positionen einen Anstieg von 20 % verzeichnet. Unternehmen wie Eon, das in Deutschland über 2.000 neue Mitarbeiter einstellen möchte, spüren den akuten Bedarf an qualifizierten Fachkräften besonders stark. Eon hat allein im letzten Geschäftsjahr etwa 4.000 neue Angestellte weltweit eingestellt, wobei mehr als die Hälfte in Deutschland beschäftigt ist. Das Unternehmen setzt auf die eigene Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften in Bereichen wie IT, Energietechnik und Infrastruktur.
Im Gegensatz dazu hat RWE den Fachkräftemangel weniger stark zu spüren bekommen. Das Unternehmen hat 2024 weltweit über 2.000 neue Mitarbeitende eingestellt und bietet vielfältige Karrieremöglichkeiten an. Dennoch bleibt die Herausforderung in anderen Branchen, insbesondere im Gesundheits- und Altenpflegebereich, weiterhin groß. Hier ist der Mangel an qualifiziertem Personal ebenfalls ein gravierendes Problem.
Langfristige Lösungen und Ausblick
Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind nicht neu. Das Fachkräftemonitoring des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) analysiert die Ströme von Angebot und Bedarf auf dem Arbeitsmarkt bis 2028. Es zeigt ungenutzte Potenziale bei Frauen, Nicht-Deutschen und älteren Arbeitnehmern auf. Auch wenn die Zuwanderung und eine gesteigerte Erwerbsneigung erwünscht sind, können diese nicht die schrumpfende Erwerbsbevölkerung ausgleichen. Besonders auffällig ist, dass in den kommenden fünf Jahren etwa 618.000 Personen ohne Abschluss auf den Arbeitsmarkt drängen werden, während nur 396.000 Helferstellen verfügbar sind. Dieses Missverhältnis verstärkt die Probleme am Arbeitsmarkt.
Die fortschreitende Digitalisierung, der Klimawandel und geopolitische Situationen beeinflussen die Fachkräftesituation erheblich. Ein Strukturwandel wird durch demographische Veränderungen und die Notwendigkeit der Dekarbonisierung vorangetrieben. Vor diesem Hintergrund empfiehlt Experte Tiedemann, verstärkt internationale Fachkräfte zu rekrutieren sowie an- und ungelernte Menschen entsprechend zu qualifizieren, um den Fachkräftemangel in den für die Energiewende wichtigen Bereichen zu bewältigen.
Insgesamt müssen in Anbetracht des demografischen Wandels und der Entwicklungen in der wirtschaftlichen Landschaft neue Maßnahmen ergriffen werden, um die künftigen Herausforderungen am Arbeitsmarkt proaktiv anzugehen.