
In einem besorgniserregenden Schritt haben Bürgermeister von 13 Städten in Baden-Württemberg Klage gegen die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) eingereicht. Dies geschah am Sozialgericht Stuttgart im Zusammenhang mit der geplanten Schließung von 18 Notfallpraxen. Die betroffenen Kommunen fordern mehr Mitspracherecht und kritisieren die unzureichende Kooperation sowie den fehlenden Informationsaustausch seitens der KVBW, die sie erst kurz vor einer Pressekonferenz über die Schließungen informierte. Die Bürgermeister erläutern, dass sie nicht grundsätzlich gegen die Schließung von Notfallpraxen seien, betonen jedoch das Bedürfnis nach einem transparenten, landesweiten Standortkonzept, das die Bedürfnisse der Bürger berücksichtigt. Die KVBW plant, die Schließungen schrittweise bis Ende November 2025 durchzuführen. Die ersten drei Praxen in Bad Saulgau, Kirchheim unter Teck und Neuenbürg sollen bereits im April schließen.
Die betroffenen Städte sind:
- Müllheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald)
- Ettlingen (Kreis Karlsruhe)
- Nagold (Kreis Calw)
- Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen)
- Oberndorf am Neckar (Kreis Rottweil)
- Neuenbürg (Enzkreis)
- Münsingen (Kreis Reutlingen)
- Herrenberg (Kreis Böblingen)
- Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen)
- Brackenheim (Kreis Heilbronn)
- Güglingen (Kreis Heilbronn) – Unterstützer, kein Kläger
- Backnang (Rems-Murr-Kreis)
- Schwetzingen (Rhein-Neckar-Kreis)
- Tettnang (Bodenseekreis)
Geplante Schließungen und ihre Folgen
Die Schließungspläne der KVBW sind weitreichend. Neben den genannten Orten sollen weitere Praxen bis zum Ende des Jahres schließen, was von den Bürgermeistern als erheblicher Einschnitt in die notfallmedizinische Versorgung betrachtet wird. Die KVBW begründet die Schließungen unter anderem mit einem Ärztemangel und verweist darauf, dass im vergangenen Jahr bereits acht Praxen dauerhaft geschlossen wurden. Zu den vorgesehenen Schließungen gehören:
Ort | Datum der Schließung |
---|---|
Neuenbürg | 31.03.2025 |
Kirchheim unter Teck | 31.03.2025 |
Bad Saulgau | 31.03.2025 |
Nagold | 30.06.2025 |
Ellwangen | 30.06.2025 |
Oberndorf | 30.06.2025 |
Backnang | 30.06.2025 |
Eberbach | 31.07.2025 |
Schwetzingen | 31.07.2025 |
Münsingen | 30.09.2025 |
Tettnang | 30.09.2025 |
Achern | 31.10.2025 |
Wolfach | 31.10.2025 |
Albstadt | 30.11.2025 |
Ettlingen | 30.11.2025 |
Brackenheim | 30.11.2025 |
Müllheim | 30.11.2025 |
Herrenberg | 30.11.2025 |
Die SPD im Landtag warnt bereits, dass die Schließungen dazu führen könnten, dass umliegende Notaufnahmen überlastet werden. Statistiken belegen, dass in der Notaufnahme eines örtlichen Krankenhauses von November 2023 bis März 2024 an Wochenenden mehr Patienten behandelt wurden als im Vorjahr. Dies zeigt eindrucksvoll, dass der Druck auf die Notfallversorgungsstruktur bereits jetzt hoch ist.
Herausforderungen der Notfallversorgung
Die KVBW verweist auf eine grundlegende Herausforderung, den Ärztemangel, der als Hauptgrund für die Schließungen angeführt wird. Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, hat darauf hingewiesen, dass der Notdienst insgesamt nicht sachgerecht in Anspruch genommen wird. Das führt zu überfüllten Notaufnahmen und langen Wartezeiten. Viele Patienten hätten keine medizinischen Notfälle und benötigen eine bessere Steuerung der Patientenströme. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, gibt es Vorschläge wie eine standardisierte medizinische Ersteinschätzung, die sowohl telefonisch als auch online stattfinden könnte. Zudem wird über die Einführung einer Notfallgebühr diskutiert, um eine bessere Steuerung zu ermöglichen.
Die Situation verdeutlicht die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der Notfallversorgung in Baden-Württemberg. Ohne ein einheitliches Konzept zur Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung besteht die Gefahr von Versorgungslücken und einem Anstieg der Belastungen für die verbleibenden Praxen und Krankenhäuser. Die Bürgermeister und Kommunen verlangen daher eine frühzeitige Einbindung in die Planungen, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten.