
Am 4. März 2025 hat Verteidigungsminister Boris Pistorius die jüngste Einigung zwischen Union und SPD über ein milliardenschweres Finanzpaket als „großen, wichtigen Schritt“ gelobt. In einem Interview hob er hervor, dass diese Einigung noch kein Koalitionsvertrag sei, sondern einen grundlegenden Fortschritt für die Sicherheitsarchitektur des Landes darstelle. Der Minister, der Teil des Verhandlungsteams seiner Partei ist, betonte die Notwendigkeit, den Bereich Verteidigung weitgehend von der Schuldenbremse auszunehmen, um die Sicherheit Deutschlands und Europas nachhaltig zu gewährleisten. „Es geht um die Sicherheit des Landes, nicht nur um Rüstung“, so Pistorius.
Pistorius merkte an, dass Europa in Verteidigungsfragen „erwachsen werden muss“. In Anbetracht des angespannten internationalen Umfelds, insbesondere des Konfliktes in der Ukraine und der unzuverlässigen Unterstützung durch die USA, ist eine Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten unerlässlich. Vor diesem Hintergrund nehmen die Herausforderungen an die Verteidigungsstruktur in Europa zu. EU-Staaten haben sich kürzlich in Brüssel zu einem Sondergipfel getroffen, bei dem Themen wie ein Waffenstillstand in der Ukraine und Investitionen in die Wiederaufrüstung behandelt wurden. Diese Entscheidungen sind von Bedeutung, da die EU-Staaten im Jahr 2024 insgesamt 457 Milliarden Dollar für Verteidigung ausgegeben haben, fast die Hälfte im Vergleich zu den US-Ausgaben, die bei 968 Milliarden Dollar lagen. ZDF berichtet, dass eine strukturelle Veränderung in der Verteidigungsstrategie und eine noch stärkere Kooperation unter den Mitgliedstaaten notwendig sind.
Verteidigungsfähigkeiten bei der Bundeswehr
Pistorius plant, die Rüstungsausgaben in Deutschland schnell auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Er sieht in der Einigung eine Chance für langfristigere und schnellere Planungen sowie Beschaffungen innerhalb der Bundeswehr. Das Ministerium wird auch die Verbesserung des Zusammenspiels zwischen der Rüstungsindustrie und den Streitkräften in den Vordergrund rücken. Personal und Infrastruktur sind ebenfalls entscheidend, um die Verteidigungsfähigkeit schnell auszubauen.
Im Kreis der politischen Entscheidungsträger gibt es jedoch auch Skepsis zur Wiedereinführung der Wehrpflicht, da die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen fehlen. Pistorius wies darauf hin, dass ausreichende Kasernen für alle Wehrpflichtigen nicht vorhanden sind und schlug stattdessen einen Gesetzentwurf zur Rückkehr zur Wehrerfassung vor, um junge Menschen nach ihrer Dienstbereitschaft zu befragen. Dieser Gesetzentwurf war aufgrund des Bruchs der Ampelkoalition leider nicht weiterverfolgt worden.
Die europäische Verteidigungsstrategie
In diesem Kontext hat die Europäische Kommission eine umfassende Strategie für die Verteidigungsindustrie (EDIS) vorgestellt, die darauf abzielt, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Verteidigungsindustrie zu stärken. Ein Erster Legislativvorschlag dieser Strategie (EDIP) wurde ebenfalls präsentiert. Laut EC sollen die Mitgliedstaaten bis 2030 mindestens 50% ihres Verteidigungsbudgets innerhalb der EU ausgeben. Dies ist ein wesentlicher Schritt zur Schaffung einer strukturierten Verteidigungsbereitschaft, bei der die Koordinierung und Zusammenarbeit im Vordergrund steht.
Im Rahmen des EDIS wird auch eine Verbesserung der eigenen Fähigkeiten in Bereichen wie strategischem Lufttransport, Satellitenaufklärung und Luftverteidigung angestrebt. Ronja Kempin von der Stiftung Wissenschaft und Politik sprach kürzlich darüber, dass Europa ohne die US-Fähigkeiten „blind“ ist. Daher ist es unerlässlich, dass europäische Staaten strategisch in eigene Fähigkeiten und Technologien investieren.
Pistorius, der optimistisch über die Unterstützung durch die Grünen für die notwendigen Gesetzesänderungen im Bundestag ist, erkennt die Herausforderungen, die mit einer effektiven Verteidigung einhergehen. Er appelliert an CDU-Chef Friedrich Merz, die dazugehörigen Absprachen zu treffen, um die Sicherheit des Landes langfristig zu gewährleisten.