
Zurzeit läuft im Kunstmuseum Den Haag die Ausstellung „Grand Dessert“, die noch bis zum 6. April zu sehen ist. Dieses umfangreiche Konzept beleuchtet die europäische Kulturgeschichte der Nachspeise vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Die Ausstellung stellt eine faszinierende Perspektive auf Desserts dar, die häufig als Höhepunkt einer Mahlzeit angesehen werden, und somit einen tiefen Ausdruck der jeweiligen Esskultur widerspiegeln.
Die ausgestellten Nachspeisen sind täuschend echte Replikate, gefertigt aus Glas, Keramik oder Kunststoff. Diese Detailtreue ermöglicht es den Besuchern, die Ästhetik und den Stellenwert von Desserts in verschiedenen Epochen zu erkennen. Historisches Kochgeschirr sowie spezielle Dessertservices veranschaulichen dabei nicht nur die Zubereitung, sondern auch die Anrichtung dieser süßen Gaumenfreuden.
Die kulturelle und historische Bedeutung von Süßspeisen
Ein eindrucksvolles Element der Ausstellung sind die architektonischen Tafelaufsätze aus Zucker und verschiedene Duftstationen, die die Sinne ansprechen und das Erlebnis bereichern. Ebenfalls Teil der Präsentation sind Kochbücher aus vergangenen Jahrhunderten, die die Entwicklung der Kochkunst und ihrer kulturellen Bedeutung dokumentieren. Zudem wird die Kolonialgeschichte von Vanille, Kakao und Zucker kritisch beleuchtet, ein Kapitell, das oft in der süßen Geschichte der Nachspeisen übersehen wird.
Ein bemerkenswertes Stillleben von Osias Beert dem Älteren aus 1608, das ein opulentes Dessertbuffet darstellt, verbindet kulinarische Kunst mit einem biblischen Gleichnis. Dieser Verweis auf historische Essgewohnheiten zeigt, dass bereits im alten Rom Früchte, Nüsse und Honigkuchen als Nachtisch beliebt waren.
Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts gewannen Desserts zunehmend an Bedeutung und fanden ihren festen Platz auf den Tischen des Adels und wohlhabender Bürger. Das Zuckerrohr, zunächst ein Luxusgut, wurde mit dem Anbau von Zuckerrüben im 19. Jahrhundert für breitere Schichten erschwinglich. Die darauffolgende Industrialisierung im 20. Jahrhundert führte dazu, dass Zucker und Nachspeisen Massenprodukte wurden, die für viele Menschen zugänglich waren.
Künstlerische Reflexionen und moderne Wahrnehmungen
Die künstlerische Relevanz von Süßspeisen ist seit 1600 bekannt. Werke von Künstlern wie Georg Flegel und Clara Peeters standen Pate für die künstlerische Dokumentation dieser kulinarischen Höhepunkte. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist das Ölbild „Dessert Table“ von Wayne Thiebaud, das 2023 bei Christie’s für 9,4 Millionen Dollar versteigert wurde. Ein weiteres Stillleben von Jean-Siméon Chardin erzielte 2022 beeindruckende 20,5 Millionen Euro an den Louvre.
Die Werke des amerikanischen Künstlers Thiebaud reflektieren nicht nur den amerikanischen Lebensstil, sondern zeigen auch die Massenproduktion von Süßigkeiten und Desserts in der modernen Welt. Allerdings gibt es von den Besuchern des Museumscafés auch kritische Stimmen, die beklagen, die angebotenen Desserts würden nicht die gleiche Qualität wie die ausgestellten Kunstwerke bieten.
Insgesamt zeigt die Ausstellung „Grand Dessert“ auf eindrucksvolle Weise die Verbindung zwischen kulinarischer Kunst und gesellschaftlicher Entwicklung. Ein Bereich, der auch schon in anderen kulturellen Kontexten wie dem europäischen Theater beleuchtet wurde, wo Essen oft eine zentrale Rolle in Ritualen und Zeremonien spielt. Diese Überlegungen zur Esskultur können als Spiegel für kulturelle und soziale Veränderungen angesehen werden, die in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart von Bedeutung sind.