
In Baden-Württemberg wird für das Kindergartenjahr 2025/26 mit erheblichen Herausforderungen gerechnet. Immer mehr Eltern sehen sich gezwungen, wegen fehlender Kita-Plätze vor Gericht zu ziehen. Laut einer aktuellen Studie fehlen im Südwesten rund 60.000 Plätze, was zu einem Anstieg an Klagen an den Verwaltungsgerichten in Stuttgart, Karlsruhe und Freiburg führt. Am Verwaltungsgericht Stuttgart stieg die Zahl der Klagen dramatisch von lediglich 29 im Jahr 2021 auf 150 im Jahr 2022. Auch in Freiburg gab es mit 23 Klagen mehr als dreimal so viele wie im Jahr zuvor, während das Verwaltungsgericht Karlsruhe 36 Verfahren behandeln musste. Die meisten Klagen betreffen die Bereitstellung von Betreuungsplätzen, doch auch Fragen zur Fortsetzung des Kita-Besuchs sind häufig vor Gericht.
Die Situation entsteht zu einem Zeitpunkt, an dem viele Einrichtungen bereits ihre Planungen für das neue Kindergartenjahr, das im September beginnt, vorantreiben. Der Personalmangel in den Kitas führt dabei nicht nur zu verkürzten Betreuungszeiten, sondern auch zur Schließung ganzer Gruppen. Um den Bedarf zu decken, werden bis 2025 schätzungsweise 14.800 Fachkräfte benötigt. Die in Baden-Württemberg geltende Gesetzgebung sieht vor, dass Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, was die Notwendigkeit einer dringlichen Lösung unterstreicht. Der Großteil der Verfahren wird üblicherweise außergerichtlich gelöst, da die Kommunen kein Interesse an langwierigen Gerichtsverfahren haben, wie bnn.de berichtet.
Kita-Platz-Mangel auf bundesweiter Ebene
Die Herausforderungen in Baden-Württemberg sind Teil eines bundesweiten Problems. In den westdeutschen Bundesländern fehlen derzeit etwa 385.900 Kita-Plätze, während in Ostdeutschland rund 44.700 Plätze fehlen. Diese Informationen stammen aus dem „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“. Zwar wurden Fortschritte beim Ausbau der Kita-Angebote erzielt, der Bedarf wächst jedoch konstant. Der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren kann für viele nicht realisiert werden. Ein Großteil der Kinder in Ostdeutschland ist zudem in Gruppen untergebracht, die ungünstige Personalschlüssel aufweisen; hier arbeitet eine Fachkraft im Durchschnitt für 5,4 Kinder in Krippengruppen. Dies steht im Kontrast zu Westdeutschland, wo das Verhältnis 1 zu 3,4 ist. Dies zeigt den akuten Fachkräftemangel, der die Qualität in Kitas gefährdet, wie die Bertelsmann Stiftung hervorhebt.
Die Auswirkungen auf die Bildungsqualität
Doreen Siebernik von der GEW äußert sich zutiefst besorgt über die gegenwärtige Situation in der frühkindlichen Bildung. Sie kritisiert, dass die Debatten zur Ausbildung von Fachkräften oft eine De-Professionalisierung im Blick haben. Siebernik fordert den Ausbau der frühkindlichen Bildungsstrukturen und warnt, dass der Einsatz von unqualifiziertem Personal in Kitas ein ernstes Problem darstellt. Um die Qualität der frühkindlichen Bildung langfristig zu sichern, muss eine Strategie zur Verbesserung der Fachkraftquote und zu besseren Arbeitsbedingungen entwickelt werden. Prognosen deuten darauf hin, dass bis 2025 über 429.000 Familien ihren Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nicht verwirklichen können. Mangelnde Investitionen in Bildung könnten zudem langfristig negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, weshalb bundesweit einheitliche Qualitätsstandards dringend erforderlich sind. Dies wird auch von der GEW gefordert, um Chancengleichheit für alle Kinder sicherzustellen.