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Die dunkle Geschichte der Asozialen und ihr Kampf um Anerkennung

In den letzten Jahren hat der Begriff „asozial“ immer wieder für Kontroversen gesorgt. Besonders evident wurde dies während des ARD-Talks „hart aber fair“ am 10. Februar 2024, in dem Jan van Aken, Chef der Linken, die FDP als „asozial“ bezeichnete. In dieser Diskussion räumte van Aken jedoch ein, dass die Verwendung des Begriffs unangemessen sei. Soziologe Frank Nonnenmacher erläuterte dabei die problematische und diskriminierende Geschichte des Begriffs „asozial“, der tief in der nationalsozialistischen Ideologie verwurzelt ist.

Laut Schätzungen wurden zwischen 70.000 und 80.000 Menschen, die von den Nazis als „Asoziale“ oder „Berufsverbrecher“ stigmatisiert wurden, in Konzentrationslager inhaftiert. Zu diesen Gruppen gehörten unter anderem Obdachlose, Bettler und Menschen mit Suchterkrankungen. Im Jahr 1938 allein wurden über 10.000 Männer und einige Hundert Frauen als „asozial“ eingewiesen. Diese Häftlinge erhielten einen grünen Winkel (für Berufsverbrecher) oder einen schwarzen Winkel (für Asoziale) als Kennzeichnung ihrer vermeintlichen sozialen Minderwertigkeit.

Historische Hintergründe

Nonnenmacher, dessen eigener Onkel Ernst als „Asozialer“ ins Konzentrationslager Flossenbürg verschleppt wurde, erinnert daran, dass die Aufarbeitung dieser Verbrechen lange Zeit nur die politischen Häftlinge in den Fokus nahm. Die „Asozialen“ wurden über viele Jahre ignoriert. Diese Ignoranz setzte sich bis in die Nachkriegszeit fort, als Ernst die Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus verwehrt wurde. Tatsächlich wurde die Problematik in der DDR fortgeführt, wo Strafgesetze wie § 249 „asoziales Verhalten“ sanktionierten.

Im Februar 2020 fand im Bundestag schließlich eine Wende statt, als ein Antrag zur Anerkennung der von den Nazis als „Asoziale“ Verfolgten verabschiedet wurde, wobei die AfD nicht zustimmte. Junge Männer und sogar Unbescholtene waren vielfach einfach aufgrund von Vorhersagen der Polizei ihrer kriminellen Zukunft in KZs verschleppt worden, was die Diskriminierung der Betroffenen noch verstärkte.

Aktuelle Entwicklungen

In den letzten Jahren gab es zudem Initiativen zur Anerkennung der Betroffenen. So plant Nonnenmacher die Gründung eines Verbands für die Nachkommen sozialrassistisch verfolgter Menschen, der im Januar in Nürnberg ins Leben gerufen werden soll. Ein wichtiger Schritt, der in der breiten Öffentlichkeit meist untergeht, ist die Tatsache, dass bisher keine konkreten Entschädigungsanträge von Überlebenden dieser Verfolgung eingereicht wurden.

Parallel dazu wird am 10. Oktober 2024 eine Wanderausstellung mit dem Titel „Die Verleugneten. Opfer des Nationalsozialismus 1933 – 1945 – heute“ eröffnet. Diese wird zunächst in Rheinland-Pfalz zu sehen sein und danach von 20. März bis 14. September 2025 in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg gastieren. Die Ausstellung soll dazu beitragen, eine breitere Anerkennung und das Bewusstsein für diese oft vergessen Opfergruppe zu schaffen.

Um die Dimension der Verfolgung zu verdeutlichen, ist es wichtig zu betonen, dass nicht nur bekannte Gruppen wie Juden, Homosexuelle oder Sinti und Roma von den Nazis verfolgt wurden. Auch Obdachlose und Bettler zählen zu den „Asozialen“, die in den Konzetrationslagern grausam behandelt wurden. Die Gesellschaft hat sich in ihrer Wahrnehmung über die Jahre Stück für Stück verändert, und es ist an der Zeit, diesen Teil der Geschichte aufzuarbeiten und zu würdigen.

Wie Nonnenmacher zusammenfassend feststellt: „Niemand wurde zu Recht in einem Konzentrationslager inhaftiert, gequält oder ermordet.“ Das gesellschaftliche Bewusstsein für das Unrecht, das diesen oft stigmatisierten Gruppen widerfuhr, muss weiter gefördert werden, damit die Lehren aus der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten.

Für weitere Informationen können Sie die Artikel auf Remszeitung, Deutschlandfunk Kultur und Arolsen Archives nachlesen.

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Weitere Infos
deutschlandfunkkultur.de

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