
Polen hat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Hunderttausende Geflüchtete aufgenommen, doch die Stimmung gegen ukrainische Flüchtlinge kippt zunehmend. Die polnische Regierung plant nun, das Kindergeld für ukrainische Eltern zu beschränken. Eine Umfrage des Mieroszewski Zentrums zeigt, dass nur 25% der Polen eine positive Meinung über ukrainische Flüchtlinge haben, während 50% die Unterstützung für diese Gruppe als zu hoch empfinden. Gleichzeitig sind die Hass-Kommentare gegen Ukrainer in den sozialen Medien gestiegen, und rasistische Attacken auf ukrainische Flüchtlinge haben seit Beginn des Krieges im Februar 2022 zugenommen. Lukasz Jakubowski, Antidiskriminierungscoach, berichtet von immer häufiger auftretenden Beleidigungen und physischen Angriffen auf ukrainische Kinder in Schulen, was die angespannte Situation in der Gesellschaft verdeutlicht.
In Norwegen äußerte eine Polin, dass der Krankenstand in ihrem Ort aufgrund der vielen Ukrainer gestiegen sei. Der Publizist aus der rechten Szene forderte, keine Geschäfte mit der Ukraine zu machen, und dieser Rassismus wird durch den Verein „Nie wieder“ dokumentiert, welcher hunderte physische Übergriffe auf Ukrainer festgehalten hat. Die Sympathie der Ukrainer für Polen war 2022 mit 83% noch unverändert hoch, fiel jedoch bis 2024 auf 41%. Die Einschätzung, dass ukrainische Flüchtlinge als fleißig und unternehmerisch wahrgenommen werden, schürt Ängste vor Konkurrenz unter den Polen.
Politische Maßnahmen und Widerstand
Polens Ministerpräsident Donald Tusk plant, die Ansprüche für das Kindergeld, das im Rahmen des Programms „Family 500+“ bereitgestellt wird, für Einwanderer und Geflüchtete zu verschärfen. Alle Eltern, die in Polen leben, erhalten derzeit Kindergeld, und die Mehrheit der ukrainischen Flüchtlinge ist berufstätig. Eine mögliche Einschränkung wird jedoch als diskriminierend angesehen, da sie nur die ukrainischen Migranten betreffen würde. Tusk und sein Parteikollege Rafał Trzaskowski fordern, dass nur noch im Land lebende, arbeitende und steuerzahlende Personen Anspruch auf Sozialleistungen haben sollten.
Die geplanten Änderungen stehen allerdings unter Widerstand innerhalb der Regierungskoalition und von verschiedenen Seiten. Kritiker warnen, dass eine Einschränkung der Sozialleistungen zu einer weiteren Marginalisierung der ukrainischen Flüchtlinge führen könnte. Michał Kobosko von der Partei „Poland 2050“ betont, dass viele ukrainische Kinder von nicht erwerbstätigen Angehörigen betreut werden und die Hilfe auch der polnischen Gesellschaft zugutekommt. Die Umfrage zeigt, dass 85,9% der Befragten der Ansicht sind, dass Kindergeld an die Bedingung des Steuerns knüpfen sollte.
Integration und Migrationsstrategie
Inmitten dieser politischen Debatte hat Polen eine neue Migrationsstrategie mit dem Titel „Regain Control. Ensure Security“ verabschiedet, die von Oktober 2024 datiert. Diese Strategie legt den Fokus auf die Sicherheit und die Integration von Einwanderern. Ein spezielles Kapitel befasst sich mit den Integrationsprozessen und fordert die aktive Teilnahme aller Migranten am gesellschaftlichen Leben. Die Strategie präsentiert eine zweiseitige Sichtweise der Integration, bei der migrantische Personen sich an die polnischen Normen und Werte anpassen sollen, ohne Assimilation durch Zwang.
Um Rassismus und Xenophobie zu verhindern, sind Sensibilisierungsmaßnahmen vorgesehen. Arbeitgeber sollen zur Finanzierung von Integrationsprogrammen beitragen, die für ukrainische Staatsbürger, der größten Migrantengruppe Polens, spezifisch ausgerichtet sind. Sprachkurse sind ein zentrales Element dieser Integration, wobei die Teilnehmer einen Teil der Kosten tragen sollen. Nach den neuen Anforderungen müssen ausländische Staatsbürger, die in Polen leben, Polnisch sprechen und die lokalen Gesetze respektieren, um erfolgreich integriert zu werden.
Die politischen und sozialen Veränderungen, die sich in Polen abzeichnen, spiegeln eine tiefe gesellschaftliche Spaltung wider und zeigen die Herausforderungen, denen sich sowohl Flüchtlinge als auch die Gastgesellschaft gegenübersehen.