
Die Unternehmensgruppe Tönnies plant die Übernahme des Vion-Schlachthofs in Waldkraiburg. Dies ist Teil einer umfassenderen Strategie, mehrere Standorte der Vion Food Group zu akquirieren, darunter auch die Standorte in Buchloe, Crailsheim und Hilden sowie Häuteverarbeitungsbetriebe in Memmingen und Eching-Weichenau. Tönnies reagiert damit auf den Rückzug von Vion aus der deutschen Schlachterbranche, der im Juni 2024 angekündigt wurde, nachdem der größte Rinderschlachthof Europas in Waldkraiburg betroffen ist, in dem bis zu 5000 Rinder pro Woche geschlachtet werden.
Aktuell beschäftigt der Schlachthof knapp 400 Mitarbeiter. Tönnies verfolgt mit dieser Übernahme das Ziel, seine Beef-Kompetenzen in Süddeutschland zu erweitern und die Verarbeitungsstruktur für Rinder in der Region zu stärken, was auch für die deutsche Landwirtschaft und die dort ansässigen Familienbetriebe von Bedeutung ist. Die Übernahme steht jedoch unter dem Vorbehalt einer kartellrechtlichen Prüfung durch das Bundeskartellamt.
Widerstand und Protestaktionen
Die geplante Übernahme stößt auf erheblichen Widerstand. Das Tierschutz-Bündnis „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ hat eine Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht, um die Übernahme zu stoppen. Diese Beschwerde erfolgt im Rahmen einer laufenden kartellrechtlichen Prüfung, die bis zum 22. April abgeschlossen sein soll. Zudem hat die Tierschutzorganisation Peta Maßnahmen ergriffen und eine Anzeige gegen den Schlachthof in Waldkraiburg sowie andere große Schlachtbetriebe eingereicht. Peta argumentiert, dass das Töten von Tieren für Nahrungszwecke gesetzeswidrig sei und keinen vernünftigen Grund habe, da eine gesunde Ernährung auch ohne Fleisch möglich sei.
Um auf die Problematik aufmerksam zu machen, plant das Bündnis eine Großdemonstration am 29. März in Waldkraiburg, die von einem Demozug vom Stadtplatz zum Vion-Schlachthof begleitet wird. Es werden etwa 200 Teilnehmer erwartet, und die Demonstration wird mit Reden und Musik untermalt.
Politischer Kontext und Tierschutz
In diesem Kontext ist der Tierschutz in Deutschland ein Thema von hoher Relevanz. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag umfangreiche Vorhaben zur Stärkung des Tierschutzes festgehalten. So wird ein Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorbereitet, der darauf abzielt, die Rechte von Tieren zu verbessern und bestehende Defizite zu beheben. Zu den wichtigsten Änderungen gehören ein Verbot der Zucht und Ausstellung von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen, die Einführung von Videoüberwachung in Schlachthöfen sowie eine signifikante Erhöhung der Strafrahmen für tierschutzrechtliche Verstöße.
Zu den bereits beschlossenen Maßnahmen gehört auch die Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung. Diese sollen Transparenz im Tierhaltungsbereich schaffen und das öffentliche Bewusstsein für Tierschutzthemen schärfen. Die Beauftragte der Bundesregierung für Tierschutz, Ariane Kari, betont die Notwendigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse in die tierethischen Entscheidungen einfließen zu lassen.
Die Entwicklungen um den Schlachthof in Waldkraiburg zeigen klar: Die Übernahme von Tönnies wird nicht nur die wirtschaftliche Landschaft der Region verändern, sondern auch die gesellschaftliche Debatte über den Tierschutz und den Umgang mit Tieren in der Landwirtschaft weiter anheizen.