
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) in Deutschland steht vor der Tür, jedoch gibt es bereits kritische Stimmen. Der Sozialverband Deutschland (SOVD) äußert Bedenken zur Umsetzung dieser digitalen Gesundheitslösung. Laut Berichten des Weser-Kuriers warnt der Geschäftsstellenleiter Helge Grote, dass insbesondere ältere Menschen möglicherweise im digitalen Wandel abgehängt werden könnten. Der SOVD betont, dass trotz der zunehmenden Digitalisierung eine analoge Übermittlung der Gesundheitsdaten weiterhin möglich sein muss.
Ein zentraler Kritikpunkt des SOVD ist der so genannte Digitalzwang. Viele Menschen besitzen weder ein Smartphone noch einen Computer, und zahlreiche Versicherte können die geplante Krankenkassen-App allein nicht bedienen. Die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen sei in der aktuellen Pilotphase unzureichend. Grote fordert, dass in dieser Phase an diesen Aspekten gearbeitet werden müsse, um eine Ausgrenzung von bestimmten Bevölkerungsgruppen zu vermeiden. Gleichzeitig sollten die Versicherten in der Lage sein, ihre Zugriffsrechte selbst zu verwalten und ihre Dokumente eigenständig einpflegen zu können, was für Viele eine Herausforderung darstellt.
Der Digitale Wandel in Europa
Im Rahmen der breiteren Diskussion um die Digitalisierung im Gesundheitssektor sind die Fortschritte der EU-Mitgliedsstaaten ebenfalls von Bedeutung. Laut der AOK zeigt ein aktueller Bericht, dass es an ausreichenden Anstrengungen zur Verbesserung des Lebens durch Digitalisierung mangelt. Die EU-Kommission fordert eine ehrgeizigere Vorgehensweise der Mitgliedstaaten, um die Ziele der digitalen Dekade, die bis 2030 angestrebt werden, zu erreichen. Dazu gehören Investitionen in digitale Kompetenzen sowie die Nutzung von künstlicher Intelligenz.
Zudem sind große Lücken festzustellen – lediglich 64% der Haushalte in der EU verfügen über einen Glasfaseranschluss, und nur 50% haben Zugang zu 5G-Netzen. Gleichzeitig fehlen grundlegende digitale Kenntnisse bei 44,4% der Bevölkerung in der EU. Die EU-Mitgliedstaaten haben bis Ende des Jahres 2025 Zeit, um Fortschritte zu erzielen, während die Kommission plant, diese Entwicklungen zu verfolgen.
Änderungen im Gesundheitswesen ab 2025
Die Einführung der ePA als Opt-Out-Anwendung tritt ab dem 15. Januar 2025 in Kraft; Krankenkassen stellen automatisch eine ePA für Versicherte bereit, wobei ein Widerspruch jederzeit möglich bleibt. Diese Maßnahme wird Teil einer größeren Reform im Gesundheitswesen sein. Bis zum 31. März 2025 wird der Gemeinsame Bundesausschuss digitale strukturierte Behandlungsprogramme festlegen, die unter anderem auch den elektronischen Medikationsplan und Telemedizin umfassen.
Zusätzlich entfällt ab dem 1. Januar 2025 die individuelle Prüfung der Informationssicherheit digitaler Gesundheitsanwendungen durch das BfArM. Hersteller müssen lediglich ein Zertifikat über die Informationssicherheit vorlegen, das vom BSI ausgestellt wird. Auch der rechtliche Rahmen für assistierte Telemedizin in Apotheken steht auf der Agenda, um eine effizientere und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Insgesamt zeigt sich, dass trotz der Fortschritte in der Digitalisierung im Gesundheitswesen, sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene, signifikante Herausforderungen bestehen. Die Bedenken des SOVD unterstreichen die Notwendigkeit, dass alle Bevölkerungsschichten in diesen Transformationsprozess einbezogen werden müssen.