
Am 1. März 2024 ereignete sich in Rotenburg (Wümme) eine grausame Bluttat, bei der Florian G. vier Menschen aus dem Umfeld seiner ehemaligen Ehefrau tötete. Die Opfer waren der neue Lebensgefährte von Juliane S., deren Mutter, die beste Freundin von Juliane und deren dreijähriges Kind. Florian G. hat die Taten als „rein, suchen, vernichten“ beschrieben. In einem Interview mit dem NDR-Format „Panorama 3“ äußerte sich Juliane S. erstmals öffentlich zu den schrecklichen Ereignissen, die ihr Leben für immer veränderten, nach den Morden an ihren Angehörigen.
Juliane S. und Florian G. lernten sich 2018 kennen, heirateten und gründeten eine Familie. Doch ihre Ehe geriet nach der Geburt ihres zweiten Kindes in eine Krise, die 2023 zur Trennung und zu Juliane S.s neuer Beziehung mit Nils O. führte. Florian G. reagierte äußerst aggressiv auf die neue Beziehung seiner Ex-Frau und bedrohte Nils O. im Januar 2024, was zu einer polizeilichen Anzeige führte. Vor Gericht gab G. an, an Suizid gedacht zu haben, jedoch keine Hilfe gesucht zu haben, aus Angst um seine berufliche Zukunft und seine Waffenlizenz.
Fehler der Behörden
Nach dieser Bedrohung informierten Juliane S. und Nils O. die Polizei über den Waffenbesitz von Florian G., doch diese Informationen wurden nicht an die zuständige Waffenbehörde weitergeleitet. Das niedersächsische Innenministerium räumt dies als schweren Fehler ein und kündigte eine Verpflichtung zur Meldung solcher Informationen an. Nach der Anzeige führten die Beamten eine „Gefährderansprache“ durch, die jedoch nicht den gewünschten Erfolg hatte. Andrea O., die Ex-Frau von Nils O., kritisierte die Behörden und betonte, dass die Morde vielleicht hätten verhindert werden können, wenn die Behörden korrekt gehandelt hätten.
Florian G. zeigte vor Gericht keine Reue für seine Taten. Er stellte sich selbst als Ermittler, Richter und Vollstrecker dar und rechtfertigte das Töten seiner Opfer, die er für das Scheitern seiner Ehe verantwortlich machte. Der psychiatrische Gutachter stufte G. als voll schuldfähig ein und stellte fest, dass kein Grund für eine Sicherungsverwahrung vorliege. Allerdings wurde eine „depressive Anpassungsstörung“ diagnostiziert, was auf eine emotionale Kälte und starke Belastung durch die Trennung von seiner Frau hinweist.
Psychologische Auswirkungen und rechtliche Konsequenzen
Florian G. hat laut dem Gutachter die Opfer in primäre und sekundäre Ziele unterteilt. Die beste Freundin seiner Ex-Frau stellte dabei das Hauptziel dar. Der Gutachter schätzte die Gefahr weiterer Taten als gering ein, da es sich um einen Beziehungskonflikt handelte. Florian G. wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, wobei das Gericht eine „besondere Schwere der Schuld“ feststellte. Dies macht eine vorzeitige Entlassung sehr unwahrscheinlich. Die Verteidigung hat jedoch bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Juliane S. ist seit dem Vorfall in psychologischer Behandlung. Die psychologischen Folgen von Gewalt betreffen nicht nur die direkten Opfer, sondern auch ihre Angehörigen und Zeugen solcher Gewalttaten, oft resultierend in posttraumatischen Belastungsstörungen, Angststörungen und anderen schweren psychischen Erkrankungen, wie Studien belegen. Die körperlichen und psychischen Schäden, die aus derart traumatischen Erlebnissen resultieren, können lebenslang bestehen bleiben. In diesem Fall stehen nicht nur die Taten von Florian G. im Fokus, sondern auch die weitreichenden Auswirkungen auf die Überlebenden und die Gesellschaft.