
Der Forschungsstandort Gotha spielt eine bedeutende Rolle in der Erforschung Afrikas und lädt studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen zu einer einwöchigen Sommerschule ein. Diese wird von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung gefördert und richtet sich an fortgeschrittene Studierende, Promovierende, Postdocs sowie Mitarbeiter*innen von Museen. Ziel ist es, die Wahrnehmungs- und Wissensgeschichte Afrikas sowie die Geschichte der Hofkultur und der Gelehrsamkeit zu erforschen.
Der besondere Fokus liegt auf der Verknüpfung von lokalem Wissen mit internationalen Forschungsansätzen. Die Teilnehmenden werden die wertvollen Bestände der Forschungsbibliothek Gotha, der Friedenstein Stiftung und des Staatsarchivs Gotha kennenlernen. Dabei wird auch der historische Kontext von Gotha und seine Verbindungen zu Afrika beleuchtet.
Historische Verbindungen und Entdeckungen
Die Verbindung von Gotha zu Afrika reicht bis zur Gründung des Herzogtums Sachsen-Gotha im Jahr 1640 zurück. Während des Dreißigjährigen Krieges reformierte Herzog Ernst I. die Verwaltung und förderte die Erforschung Äthiopiens. Diese Förderung führte zur Einrichtung einer bedeutenden Sammlung von Reiseberichten in der herzoglichen Bibliothek im 18. Jahrhundert. Wichtige Persönlichkeiten wie Hiob Ludolf trugen zur Stärkung der Äthiopistik bei, indem sie Protagonisten wie Abba Gregorius einluden, die über die Kultur und Sprache der äthiopischen Christen berichteten.
Der maritime Expansionsdrang, der im 15. und 16. Jahrhundert von iberischen Seefahrern vorangetrieben wurde, erschloss Afrika zunächst nur entlang der Küsten. Die bedeutenden Ereignisse, wie die Umrundung des Kap Bojador und die Überquerung des Äquators, verwoben sich mit dem europäischen Interesse an Afrika. Auch die Vorstellung eines christlichen Priesterkönigs und eines Goldlands spielte eine Rolle in der Wahrnehmung des Kontinents in Europa, während gleichzeitig viele Gebiete, besonders südlich der Sahara, noch unbekannt waren.
Die Rolle wissenschaftlicher Netzwerke
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die internationale Kooperation unter europäischen Forschungsreisenden an Bedeutung zu. Historiker*innen betonen, dass die Geographischen Gesellschaften in Europa sich gegenseitig über wissenschaftliche Entwicklungen informierten. Der Verlag Justus Perthes in Gotha war hierbei von zentraler Bedeutung, da er Publikationen wie die „Petermanns Geographische Mitteilungen“ herausgab und ein internationales Netzwerk zur Verbreitung geografischer Forschungen schuf.
Im Rahmen dieser Publikationen war eine Vielzahl europäischer Forschungsreisender aktiv, die oft in engem Austausch standen. Diese Zusammenarbeit war essenziell für den Erfolg von Expeditionen in Afrika. So stammen viele Beiträge der „Petermanns Geographische Mitteilungen“ von Reisenden aus unterschiedlichsten europäischen Staaten. Dabei zeigte sich eine bemerkenswerte Hilfsbereitschaft unter den Forschenden, trotz der nationalen Konkurrenz, wie die Rettung Emin Paschas im Jahr 1887 demonstriert.
Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven
Die Herausforderungen der heutigen Afrikaforschung sind vielfältig. Forschungsinstitute wie das Historische Seminar der Universität Hannover beschäftigen sich mit einer breiten Palette von Themen, von den endogenen Entwicklungen der afrikanischen Gesellschaften bis hin zu postkolonialen Krisenphänomenen. Es wird ein tieferer Einblick gewährt in die Konfliktdynamiken und die Erinnerungskultur an den deutschen Kolonialismus.
Die internationale Vernetzung von Institutionen, darunter Kooperationen mit afrikanischen Universitäten, unterstreicht die Relevanz eines interdisziplinären Austauschs. Damit wird nicht nur das koloniale Erbe thematisiert, sondern auch die gesellschaftlichen Folgen des globalen Klimawandels wird in den Mittelpunkt der Forschung gerückt.
Insgesamt zeigt sich, dass die Sommerschule in Gotha nicht nur ein Schaufenster für das historische Interesse an Afrika ist, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum heutigen Diskurs in der Afrikaforschung leisten kann.
Für mehr Informationen über die Veranstaltung und die historischen Hintergründe besuchen Sie die Universität Erfurt, Transimperial History und Historisches Seminar der Universität Hannover.