
Infineon Technologies hat bekannt gegeben, dass das Unternehmen einen Geschäftsbereich des US-Konzerns Marvell Technology für 2,5 Milliarden Euro übernehmen wird. Diese Akquisition, die erheblichen Einfluss auf den Automobilsektor haben könnte, zielt darauf ab, die Marktstellung von Infineon als Zulieferer der Automobilindustrie zu stärken. Der Fokus der Übernahme liegt insbesondere auf der Technologie des Automotive-Ethernet, die für schnelle Datenübertragung in Fahrzeugen entscheidend ist.
Konzernchef Jochen Hanebeck unterstreicht die Bedeutung dieser Technologie für die Zukunft der so genannten softwaredefinierten Fahrzeuge. Diese Fahrzeuge benötigen eine Lösung, die hohe Datenmengen mit geringen Verzögerungen verarbeitet, was die Ethernet-Technologie besonders attraktiv macht. Der zu übernehmende Geschäftsbereich von Marvell hat sich eine starke Marktposition erarbeitet und beliefert über 50 Autohersteller, darunter acht der zehn größten Unternehmen der Branche.
Marktentwicklung und Umsatzprognosen
Für das laufende Jahr wird im Bereich Automotive-Ethernet mit Umsätzen zwischen 225 und 250 Millionen Dollar gerechnet. Infineon rechnet mit einem starken Wachstum, das durch bereits bestehende gute Beziehungen zur Autoindustrie unterstützt wird. Finanzchef Sven Schneider hebt die hohen Margen in diesem Bereich hervor und sieht großes Potenzial für die Zukunft. Hanebeck schließt auch humanoide Roboter als potenziellen neuen Einsatzort der Ethernet-Technik nicht aus.
Die Übernahme steht jedoch unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen. Das Management des Unternehmens zeigt sich aber optimistisch hinsichtlich einer schnellen Umsetzung. Finanziert wird die Akquisition vollständig in bar, wobei Infineon zusätzliche Schulden aufnehmen muss.
Herausforderungen und Chancen in der Automobilindustrie
Der Kauf von Marvells Geschäftsfeld ist nicht nur ein strategischer Schritt für Infineon, sondern findet auch im Kontext der aktuellen Entwicklungen in der Automobilindustrie statt. Internationale Automobilunternehmen kämpfen derzeit mit den Auswirkungen der Corona-Krise und stehen vor neuen Chancen sowie Herausforderungen. Disruptive Kräfte und Megatrends wie Konnektivität, autonomes Fahren, Nachhaltigkeit, Elektrifizierung und die Entwicklung von Mobility-as-a-Service sind derzeit prägnante Themen.
Wie EY betont, werden digitale Technologie, Daten und Software zunehmend zu entscheidenden Faktoren für neue Produkte und Geschäftsmodelle. Der Wandel hin zu einem Mobilitäts-Ökosystem, das durch Software definierte Fahrzeuge umfasst, erfordert neue Ansätze in der Wertschöpfung. Software und Daten machen mittlerweile etwa die Hälfte des Wertes innovativer Fahrzeuge aus, was die Stellung von Technologiefirmen in diesem Sektor verstärkt.
Diese Transformation führt zu einem neuen Produktmix, der nicht nur Hardware, sondern auch Software und Dienstleistungen umfasst. Gleichzeitig kommen neue Akteure aus anderen Branchen in das Automobil-Ökosystem, was die Wettbewerbslandschaft erheblich verändert. Die traditionellen Automobilhersteller, wie beispielsweise Daimler und Schaeffler, wandeln sich zunehmend von reinen Produktionsunternehmen zu Mobilitätsanbietern, die ein herausragendes Kundenerlebnis schaffen wollen.
In diesem dynamischen Umfeld könnte die Übernahme durch Infineon ein wichtiger Schritt sein, um in einem sich rapide verändernden Markt wettbewerbsfähig zu bleiben und innovative Lösungen anzubieten, die den Anforderungen der Zukunft gerecht werden.