
In einem bedeutenden und aufsehenerregenden Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil im Mordfall Hanna Wörndl aufgehoben. Der Fall, der bereits durch intensive medialen Berichterstattung und juristische Auseinandersetzungen geprägt war, wird nun neu verhandelt. Die Medizinstudentin Hanna war am 3. Oktober 2022 in Aschau im Chiemgau Opfer eines Gewaltverbrechens geworden, welches zu einer komplexen gerichtlichen Auseinandersetzung führte. Laut pnp.de wurde der 23-jährige Sebastian T. im März 2024 vom Landgericht Traunstein wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt.
Das Urteil basierte auf einem Indizienprozess, der über 30 Verhandlungstage dauerte. Bei dem Vorfall war Hanna auf dem Heimweg von einem Club attackiert und bewusstlos geschlagen worden, bevor sie in den Bärbach geworfen wurde, was zu ihrem Tod führte. Die Verteidigung des Angeklagten legte Revision ein und argumentierte, dass es keine ausreichenden Beweise für die Schuld von Sebastian T. gebe. Sie plädierte auf Freispruch und wies darauf hin, dass Hanna zum Zeitpunkt ihres Todes etwa zwei Promille Alkohol im Blut hatte. Diese Umstände ließen Raum für Spekulationen, dass sie möglicherweise ohne fremdes Zutun in den Bach gestürzt sein könnte.
Verfahrensfehler und Aufhebung des Urteils
Der Grund für die Aufhebung des Urteils war ein schwerwiegender Verfahrensfehler, der im Prozessverlauf auftrat. Die Vorsitzende der Jugendkammer, Jacqueline Aßbichler, hatte in E-Mails mit dem Staatsanwalt über den Fall kommuniziert, ohne die Verteidigung darüber zu informieren. Laut sueddeutsche.de erfuhr die Verteidigung von diesem Austausch erst mehr als einen Monat später, als sie die E-Mail zufällig in einem Nebenordner der Akte entdeckte. Aßbichler hatte geäußert, dass sie mit einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Mord rechne, was nach Auffassung des BGH das Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit rechtfertigte.
Die Verteidigung stellte einen Befangenheitsantrag, der jedoch abgelehnt wurde. Der BGH stellte fest, dass die heimlichen Überlegungen den Eindruck der Unparteilichkeit der Vorsitzenden entscheidend beeinträchtigten und dass Aßbichler nicht am Urteil beteiligt hätte sein dürfen. Die Entscheidung des BGH wird als Mahnung an die Gerichte verstanden, mehr Transparenz im Umgang zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu gewährleisten.
Ausblick auf das neue Verfahren
Eine andere Jugendkammer des Landgerichts Traunstein wird den Fall nun neu verhandeln. Der Zeitpunkt des Beginns ist derzeit noch unklar. Während die Verteidigung von Sebastian T. gegen das ursprüngliche Urteil kämpfte, führte der jüngste Beschluss des BGH zu einem weiteren Schritt in Richtung Gerechtigkeit und Aufklärung. Regina Rick, die Verteidigerin von Sebastian T., äußerte, dass sie die Argumentation von Aßbichler als „absurd“ ansah. Es bleibt abzuwarten, wie sich der neue Prozess entwickeln wird und welche weiteren Erkenntnisse zutage treten.