
In einer bemerkenswerten Entdeckung haben Forschende erstmals wilde Schimpansen beim Konsum von alkoholhaltigen Früchten beobachtet. Das Team um Anna Bowland von der Universität Exeter filmte das Verhalten dieser Tiere im Cantanhez-Nationalpark in Guinea-Bissau. Die Schimpansen teilten sich die vergorenen Früchte des Okwabaums (Treculia africana), auch Afrikanischer Brotfruchtbaum genannt, die einen erheblichen Alkoholgehalt aufweisen können. Von 28 untersuchten Früchte ergaben 24 einen Alkoholgehalt von bis zu 0,61 Prozent. Insgesamt wurden 70 Ereignisse dokumentiert, bei denen die Schimpansen die Früchte verzehrten, wobei in 90 Prozent der Fälle, in denen die Nahrung geteilt wurde, die Früchte Alkohol enthielten.
Diese Beobachtungen sind Teil einer größeren Diskussion über das Verhalten und die Kultur von Schimpansen. Studie und Forschungsarbeiten zeigen, dass Schimpansen komplexe Verhaltensweisen über Generationen weitergeben, wie zum Beispiel den Gebrauch von Werkzeugen. Eine Untersuchung der Universität Zürich hat herausgefunden, dass Schimpansen kulturelle Errungenschaften erlernen und tradiert werden, was die Annahme in Frage stellt, dass nur Menschen in der Lage sind, komplexe Kulturen zu entwickeln. Die meisten Werkzeuge der Schimpansen sind vergänglich, was die historische Nachverfolgbarkeit erschwert, aber dennoch ist klar, dass einige Technologien, wie das Graben mit Stöcken im Kongo, von Generation zu Generation vermittelt werden.
Einblicke in die Schimpansen-Kultur
Weitere Forschungsarbeiten verdeutlichen, dass Migration von Weibchen in neue Gemeinschaften nicht nur Gene, sondern auch kulturelle Innovationen verbreiten kann. Die Entdeckungen deuten darauf hin, dass Schimpansen eine frühe Form kumulativer Kultur besitzen. Diese Erkenntnisse sind wichtig für unser Verständnis der evolutionären Wurzeln menschlicher Kultur, da sie darauf hindeuten, dass der Gebrauch von Alkohol möglicherweise tief in der Evolution verwurzelt ist. Frühere Studien aus Guinea haben gezeigt, dass wilde Schimpansen literweise alkoholische Getränke konsumieren und dabei Anzeichen von Rausch zeigen.
Zusätzlich haben Untersuchungen des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie die Verhaltensvielfalt bei 144 Schimpansengruppen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass Schimpansen in saisonalen Lebensräumen und weiter entfernt von historischen Waldrefugien ein größeres Verhaltensrepertoire entwickeln. Diese Verhaltensflexibilität könnte zur Anpassung an instabile ökologische Bedingungen beitragen und ist auch eine Grundlage für kulturelle Traditionen bei diesen Tieren.
Insgesamt unterstützen die Beobachtungen im Cantanhez-Nationalpark die Theorie, dass menschliches und schimpansenhaftes Verhalten tiefe evolutionäre Wurzeln hat, die durch kulturelle Praktiken und Umweltfaktoren geformt werden. Die Forschung zu diesem Thema bleibt essenziell, um die intricaten Verhaltensweisen und kulturellen Konstrukte von Schimpansen weiter zu verstehen und deren Bedeutung in der Evolution zu beleuchten. Die vollständigen Ergebnisse wurden im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht Süddeutsche Zeitung und Vet Magazin dokumentiert.