
Am 10. und 11. Februar 2025 wird die Universität Heidelberg ein Symposium ausrichten, um den 125. Geburtstag von Hans-Georg Gadamer zu feiern. Gadamer, der als Begründer einer universalen Hermeneutik gilt, beeinflusste nachhaltig das Verständnis von Verstehen in den Geisteswissenschaften. Die Tagung wird von Prof. Dr. Carsten Dutt, einem Gastprofessor am Institut für Philosophie der Technischen Universität Darmstadt, geleitet. Dutt hebt die Bedeutung des interdisziplinären Austauschs über den Begriff des Verstehens hervor, ein zentrales Anliegen in Gadamers Werk.
Das Symposium findet in Kooperation mit Dr. Ingo Runde, dem Direktor des Universitätsarchivs, statt und untersucht, wie der hermeneutische Ansatz auf verschiedene Disziplinen angewandt werden kann. Vertretene Fachrichtungen werden unter anderem die Philosophie, die Klassische Philologie, die Theologie sowie Kunst- und Musikwissenschaft sein. Ein besonderer Abendvortrag von Prof. Dutt mit dem Titel „Gadamers philosophische Hermeneutik heute. Rückblick und Ausblick“ wird die Veranstaltung eröffnen und bietet eine Plattform für die Diskussion über Gadamers philosophische Beiträge, die schon lange über den akademischen Diskurs hinaus Wirkung entfalten.
Der Festakt und die Preisverleihung
Am 11. Februar, Gadamers Geburtstag, wird der Gadamer-Preis 2025 an Prof. Dr. Barbara Cassin verliehen. Cassin, die emeritierte Forschungsdirektorin am CNRS in Paris ist und seit 2018 Mitglied der Académie française, wird im Rahmen eines Festaktes in der Aula der Alten Universität geehrt. Die Zeremonie beginnt um 18:15 Uhr und wird von einer begleitenden Kabinettausstellung zu Gadamers Werk und Wirken in Heidelberg im Foyer des Universitätsarchivs flankiert.
Hermeneutik: Ein tiefes Verständnis
Die Hermeneutik als philosophische Disziplin beschäftigt sich mit dem Auslegen von Texten, Zeichen und Symbolen. Ihr Ziel ist es, Sinn und Bedeutung im historischen und kulturellen Kontext zu erschließen. Diese Wissenschaft hat ihre Wurzeln in der antiken Exegese und entwickelte sich ursprünglich im Zusammenhang mit der Interpretation biblischer Texte. Sokrates, Platon und Aristoteles legten die Grundlagen der philosophischen Hermeneutik und beeinflussten damit die Reflexion über das Verstehen über Jahrhunderte hinweg.
Die hermeneutische Theorie hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Insbesondere wurde Gadamers Ansatz, das Verstehen als ein unendliches Gespräch über kulturelle Überlieferungen zu betrachten, ein Schlüsselkonzept. Kritiker wie Jürgen Habermas entwickelten alternative Ansätze, die ideologiekritische Aspekte betonten und somit die Diskussion um die Hermeneutik weiter anregten. Dieses Symposium an der Universität Heidelberg zielt darauf ab, diese komplexen Themen zu beleuchten und die Relevanz von Gadamers Ideen im gegenwärtigen Diskurs zu untersuchen.
Zusätzlich wird die Eröffnungsrede von Dutt die historische Entwicklung der Hermeneutik und ihrer Anwendung in verschiedenen Disziplinen thematisieren, die sich durch den Einfluss Gadamers auf die philosophische Landschaft wesentlich verändert hat.
Gadamer war von 1949 bis nach seiner Emeritierung 1968 an der Universität Heidelberg tätig und hinterließ durch seine Schriften und Lehren einen bleibenden Eindruck. Seine „Kleinen Schriften“ enthalten wichtige Essays, deren Themen von der Universalität des hermeneutischen Problems bis zur Ästhetik und Hermeneutik reichen. Über 243 Seiten bietet das Buch Einblicke in Gadamers Denkweise und deren Entwicklung über die Jahre, und stellt somit eine wertvolle Ressource für die Teilnehmer des Symposiums dar. Eine Liste der Essays, die in diesem Buch enthalten sind, gibt einen Überblick über die Vielfalt von Gadamers philosophischen Überlegungen:
Essay | Jahr |
---|---|
Die Universalität des hermeneutischen Problems | 1966 |
Zum Umfang und zur Funktion hermeneutischer Reflexion | 1967 |
Mensch und Sprache | 1966 |
Die Natur der Dinge und die Sprache der Dinge | 1960 |
Ästhetik und Hermeneutik | 1964 |
Die Wissenschaft der Lebenswelt | 1969 |
Das Symposium an der Universität Heidelberg ist somit nicht nur eine Ehrung für Hans-Georg Gadamer, sondern auch eine wertvolle Gelegenheit, sein Erbe und die Herausforderungen der modernen Hermeneutik zu reflektieren. Für Interessierte bietet sich die Möglichkeit, tief in die Philosophie Gadamers einzutauchen und die Frage des Verstehens in der heutigen Zeit neu zu beleuchten. Weitere Informationen zur Veranstaltung sind auf der Webseite der Universität verfügbar: hier.