
Eine neue Studie des Universitären Centrums für Tumorerkrankungen Frankfurt-Marburg (UCT-FM) und der GBG Forschungs GmbH eröffnet spannende Perspektiven für die Behandlung von Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs. Diese umfassende Untersuchung, die in der Fachzeitschrift Cancer Cell veröffentlicht wurde, basiert auf der Analyse von 1454 Gewebeproben von über 500 Patientinnen, die an der Phase-3-Studie Penelope-B teilnahmen. Die Studie wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Carsten Denkert und Prof. Sibylle Loibl durchgeführt und zeigt die molekulare Heterogenität dieses häufigsten Subtyps von Brustkrebs (Luminaler Brustkrebs), der etwa 70% aller Brustkrebsfälle ausmacht und in die Subtypen Luminal A und Luminal B unterteilt wird.
Die Forscher untersuchten Tumorproben sowohl vor als auch nach einer neoadjuvanten Chemotherapie. Eine der bedeutenden Feststellungen war der Übergang aggressiver Luminal B-Tumoren in weniger aggressive Luminal A-Formen, sowie die Möglichkeit, dass Tumore in späteren metastasierten Stadien wieder in den aggressiveren Luminal B-Phänotyp zurückwechseln. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, bestehende Klassifikationssysteme zu erweitern, um fundierte Entscheidungen über die Behandlung treffen zu können.
Adaptive Klassifikation für bessere Therapieanpassung
In Reaktion auf die festgestellten Unterschiede entwickelte die Studie eine neue Klassifikation, die sogenannten adaptiven Cluster (AC-Subtypen). Diese subtypisierung soll Aufschluss über das Risiko einer erneuten Tumorbildung geben und somit die Vorhersage verbessern, welche Patientinnen von einer intensiveren Nachbehandlung profitieren könnten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Ansprechen der Tumoren auf die Therapie in die Klassifikation einbezogen werden muss, um individuelle Therapiekonzepte in der Onkologie zu fördern.
Die Forschung dieser Studie wird von der Deutschen Krebshilfe und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Langfristig zielt sie darauf ab, die Therapieeffektivität zu erhöhen und unnötige Nebenwirkungen bei der Behandlung von Brustkrebspatientinnen zu vermeiden.
Ein weiterer Blick in die Forschung: ADAPT-Studie
Eine ähnliche Richtung verfolgt die ADAPT-Studie aus Hamburg, die unter der Leitung von PD Dr. Georgia Schilling steht. Diese Studie fällt auf, da jährlich etwa 70.000 neue Mammakarzinomfälle diagnostiziert werden, wobei 44.000 dieser Fälle hormonrezeptor-positiv sind. Hier wird eine risikoadaptierte Therapieentscheidung angestrebt, wobei die Patientinnen nach ihrem Risiko klassifiziert werden. High-Risk-Patientinnen erhalten Chemotherapie, während Low-Risk-Patientinnen lediglich eine endokrine Therapie verordnet wird.
In der ADAPT-Studie stellt sich die Frage, wie Intermediate-Risk-Patientinnen behandelt werden sollen, da sie etwa die Hälfte der Hormonrezeptor-positiven Fälle darstellen. Der Einsatz des Ki-67-Werts und des Recurrence-Scores (RS) hilft bei der Entscheidung über den nötigen Einsatz von Chemotherapie. Erste Ergebnisse zeigen, dass Frauen mit einem Ki-67-Wert unter 10% und einem RS unter 12 mit endokrinen Therapien vergleichbare Ergebnisse erreichen können wie Low-Risk-Patientinnen.
Präzisionsonkologie: Genetische Diagnostik im Fokus
Zusätzlich zu diesen Ansätzen erforscht das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg die Rolle genetischer Veränderungen bei der Behandlung von Brustkrebspatientinnen im Rahmen der CATCH-Studie. Ziel ist es, individuelle Behandlungsoptionen jenseits der Standardtherapie zu finden. Diese kombinierte Analyse von Tumormaterial und gesunden Blutzellen mittels Ganzgenom-Sequenzierung könnte wegweisend für die Entwicklung individueller Therapieansätze sein.
Die Ergebnisse aus diesen verschiedenen Studien, einschließlich der CATCH-Studie, deuten an, dass eine molekulare Diagnostik erhebliche Fortschritte in der Behandlung und Prognose von Brustkrebspatientinnen ermöglichen könnte. Diese Fortschritte sind essentiell für die Implementierung der Präzisionsonkologie, die darauf abzielt, Therapien auf die spezifischen molekularen Charakteristika der Tumoren der Patientinnen abzustimmen.