
Am 27. Februar 2025 plant die baden-württembergische Landesregierung eine bedeutende Reduzierung der Qualitätskontrollen in Pflegeheimen. Sozialminister Manfred Lucha von den Grünen stellte diese Pläne den Sozialverbänden vor. Ein zentraler Bestandteil der Reform sieht vor, die Heimbeiräte, die sich für die Rechte der Bewohner einsetzen, abzuschaffen. Zukünftig sollen lediglich Stichprobenkontrollen alle fünf Jahre durchgeführt werden, während ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaften gar nicht mehr von der Heimaufsicht kontrolliert werden. Das erklärtes Ziel dieser Reform ist der Abbau von Bürokratie, doch der Landesseniorenrat äußert bereits Empörung und spricht von einem „sozialpolitischen Dammbruch“.
Parallel zu diesen Entwicklungen gibt es einen besorgniserregenden Anstieg der Gefangenen über 60 Jahre in baden-württembergischen Gefängnissen. Der Justizministerium meldet derzeit 365 Gefangene dieser Altersgruppe, was im Vergleich zu den Vorjahren einen signifikanten Anstieg darstellt. Insgesamt sind in den Gefängnissen rund 6.580 Menschen im geschlossenen Vollzug untergebracht, der höchste Wert seit über fünf Jahren. Diese demografische Veränderung stellt die Justizvollzugsanstalten vor neue Herausforderungen, da sie oft nicht auf die spezifischen Bedürfnisse älterer Gefangener ausgerichtet sind.
Alternde Gefangenschaft
Ältere Insassen sind zunehmend von besonderen Bedingungen im Strafvollzug betroffen. Bis 2030 wird in deutschen Justizvollzugsanstalten ein Anstieg von älteren Gefangenen um 30 Prozent prognostiziert. In vielen Einrichtungen, wie zum Beispiel in Waldheim, Detmold oder Singen, haben Verantwortliche darauf reagiert, indem sie spezielle Abteilungen für ältere Insassen, oft als „Seniorenabteilungen“ bezeichnet, eingerichtet haben. Diese Angebote zielen darauf ab, den älteren Häftlingen eine intensivere Betreuung und aktivere Einbindung zu ermöglichen.
In dieser Altersgruppe sind viele Inhaftierte zwischen 50 und 70 Jahre alt. Die Betreuung älterer Gefangener ist häufig unzureichend, was sie anfällig für Isolation macht. Inhaftierte Personen dieser Altersgruppe kämpfen oft mit psychischen und gesundheitlichen Herausforderungen. Chronische Krankheiten sind weit verbreitet, und die medizinische Versorgung in Gefängnissen ist oft überlastet und unterbesetzt. Die Inhaftierung führt häufig zu einem Verlust des Kontakts zur Familie und zu Freunden, was die psychische Gesundheit der älteren Gefangenen zusätzlich belastet.
Notwendigkeit von Reformen
Die steigende Lebenserwartung und die Verschärfung der Strafgesetze haben dazu geführt, dass immer mehr ältere Menschen im Gefängnis sind. Ein effektives System zur Versorgung dieser Häftlinge fehlt oft. Kritiker fordern daher umfassende Reformen, die eine Verbesserung der Haftbedingungen für ältere Menschen sicherstellen. Hierzu gehört die Schaffung barrierefreier Infrastruktur sowie die Optimierung der Gesundheitsversorgung und der psychosozialen Unterstützung.
Es wird auch über alternative Strafvollzugsformen, wie Hausarrest oder Bewährungsstrafen, diskutiert. Ältere Menschen haben ein Recht auf menschenwürdige Behandlung und müssen in Gefängnissen die Unterstützung erhalten, die ihrer besonderen Lebenssituation Rechnung trägt. Angesichts des anhaltenden Anstiegs älterer Gefangener wird es zunehmend dringlich, die Haftbedingungen an die Bedürfnisse dieser verwundbaren Gruppe anzupassen.
Die Entwicklungen sowohl in der Pflege als auch im Strafvollzug verdeutlichen, wie wichtig es ist, die sozialen und gesundheitlichen Bedürfnisse älterer Menschen angemessen zu berücksichtigen. Der Landesseniorenrat und verschiedene Sozialverbände stehen vor der Herausforderung, sich gegen die signifikanten Einschnitte im Pflegewesen zur Wehr zu setzen und gleichzeitig eine verbesserte Betreuung für ältere Menschen im Strafvollzug zu fordern.
Die bevorstehenden Fastnachtsveranstaltungen, wie der Narrenwecken in Konstanz oder der Prinzessinnenempfang in Mannheim, stehen heute ebenfalls auf dem Programm, während die Gesellschaft über diese wichtigen sozialen Themen nachdenkt.
Für weitere Informationen über die Entwicklungen in Baden-Württemberg besuchen Sie SWR, über die Situation älterer Gefangener bei IWW und die Herausforderungen im Strafvollzugssystem weltweit bei Blickpunkte.