
Am 22. Januar 2025 fand vor dem Amtsgericht Ellwangen ein aufsehenerregender Prozess gegen zwei Polizeibeamte statt. Der 33-jährige Polizeihauptmeister und der 64-jährige Polizeioberkommissar im Ruhestand standen wegen des Vorwurfs des Raubes vor Gericht. Ihnen wurde vorgeworfen, einen 70-jährigen Busfahrer auf dem Polizeirevier dazu gedrängt zu haben, persönliche Dokumente auszuhändigen, die dem Großvater des 33-Jährigen gehörten. Laut den Angaben der Staatsanwaltschaft kam es dabei zu Beleidigungen, Drohungen und sogar zu Handgreiflichkeiten.
Der Vorfall soll aus verbalen Auseinandersetzungen resultiert haben, in denen die Familie des Angeklagten befürchtete, der Busfahrer könnte den psychisch kranken Großvater finanziell ausnutzen. Die Verteidigung wies diese Vorwürfe jedoch als „frei erfunden“ zurück und argumentierte, dass die Dokumente freiwillig übergeben wurden. Der einzige Belastungszeuge, der 70-jährige Busfahrer, weigerte sich im Gerichtssaal auszusagen und zog seine Anzeige zurück. „Ich bin Zeuge Jehova. Ich verzeihe allen, die mir was Schlechtes angetan haben“, erklärte er.
Prozessverlauf und Freispruch
Staatsanwältin Burkhardt forderte eine sechsmonatige Bewährungsstrafe wegen Nötigung und machte auf den ungewöhnlichen Umstand aufmerksam, dass eine private Angelegenheit auf einem Polizeirevier geregelt wurde. Sie vermutete einen Machtmissbrauch seitens der Beamten. Die Verteidiger plädierten ebenfalls für einen Freispruch. Das Gericht kam schließlich zu dem Schluss, dass eine Verurteilung nicht auf den Aussagen des Busfahrers gestützt werden könne. Richter Norbert Strecker stellte klar, dass der Belastungszeuge als unglaubwürdig eingestuft wurde, was dazu führte, dass die Angeklagten freigesprochen wurden. Für den 33-Jährigen bedeutete dies, dass er seine Anstellung bei der Polizei behalten konnte, während der 64-Jährige seine Pensionsansprüche nicht gefährdet sah.
Die Vorwürfe gegen die beiden Beamten waren nicht die ersten dieser Art. Im April 2023 soll es bereits zu einem ähnlichen Vorfall gekommen sein, bei dem die beiden in einem Vernehmungszimmer während ihres Dienstes einen Mann bedroht und ihm gewaltsam Dokumente entrissen haben, wie schwaebische.de berichtet. In diesem Fall drohte ein bereits pensionierter Beamter dem Geschädigten mit Geldstrafen und dem Entzug der Fahrerlaubnis, falls dieser den Kontakt zu dem Großvater des anderen Beamten nicht abbrach. Laut Anklage sind die Vorwürfe damit Nötigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Raub durch Unterlassen, während der andere Beamte direkt des Raubes angeklagt wurde.
Kontext der Polizeigewalt
Diese Vorfälle werfen ein Schlaglicht auf die Diskussion über den Einsatz von Gewalt durch Polizeibeamte. Die Polizei hat ein staatliches Gewaltmonopol und darf in bestimmten Situationen Zwang anwenden. Diese legitime Gewaltanwendung muss jedoch grundsätzlich rechtlich legitimiert und verhältnismäßig sein. In den letzten Jahren gibt es erhöhte Diskussionen über illegitime Gewaltanwendung und deren Auswirkungen auf die Menschenrechte. Fälle ohne rechtliche Grundlage werden oft als „Gewaltexzesse“ oder „Polizeibrutalität“ bezeichnet, was die Notwendigkeit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema unterstreicht, wie in einem Dossier von bpb.de dokumentiert.
In Deutschland wurden im Jahr 2019 insgesamt 1.500 Fälle von Körperverletzung im Amt registriert. Diese Zahlen sind zwar konstant, die Anzeigebereitschaft gegen Polizeibeamte bleibt jedoch gering, oft aufgrund schlechter Erfolgsaussichten. Die Debatte über den angemessenen Einsatz von Gewalt durch die Polizei ist daher nicht nur für die Beamten selbst, sondern auch für die Bürger von entscheidender Bedeutung. Es bleibt abzuwarten, wie sich die juristische Aufarbeitung dieser und ähnlicher Fälle auf die öffentliche Wahrnehmung der Polizei auswirken wird.