
Die Zahlen rund um Ehescheidungen in Baden-Württemberg lassen aufhorchen. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 16.591 Ehen geschieden. Dies stellt zwar einen Rückgang von etwa 800 Scheidungen im Vergleich zum Vorjahr dar, dennoch zeigt die langjährige Tendenz eine steigende Scheidungsrate in der Region. Insbesondere das achten Ehejahr scheint ein kritischer Punkt zu sein, da hier die meisten Trennungen stattfinden: Rund 900 Paare ließen sich in diesem Jahr scheiden.
Ein weiterer bemerkenswerter Punkt ist die durchschnittliche Ehedauer in Baden-Württemberg, die derzeit 16 Jahre beträgt. Viele Ehen, die in den letzten Jahrzehnten geschlossen wurden, sehen sich mit dem Risiko einer Scheidung konfrontiert. Laut SWR Aktuell lag die Scheidungsrate für Paare, die 1960 heirateten, bei 15% innerhalb von 30 Jahren. Dieser Anteil hat stetig zugenommen: Bei den im Jahr 1970 Verheirateten waren es bereits 25%, und 33% der Paare, die 1980 den Bund der Ehe eingingen, trennten sich schlussendlich.
Einblicke in die Scheidungsgründe
Die Gründe für diese Entscheidungen sind divers und komplex. Eine Umfrage des Online-Dating-Anbieters Parship ergab, dass 33% der Befragten angaben, unglücklich in ihrer Beziehung zu sein. Fast ein Drittel (28%) hatte keine Gefühle mehr für ihren Partner. Zudem gaben 20% der Teilnehmer an, dass eheliche Untreue eine Rolle bei der Trennung spielte.
Besonders überraschend ist die Tatsache, dass in einem Land, in dem etwa 25% aller Geburten nichtehelich sind, in den letzten Jahrzehnten eine Verdopplung der Scheidungsrate stattgefunden hat. Von 1995 bis 2024 trennten sich sogar 38% der Paare, die 1995 heirateten. Diese Trends spiegeln sich auch in größeren europäischen Kontext wider.
Die Situation in Europa
Die Situation in Deutschland ist nicht einzigartig. Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung ist die Zahl der Eheschließungen in der EU in einer ähnlichen Zeitspanne gesunken. Von 1970 bis 2015 reduzierte sich die Eheschließungsziffer von 7,9 auf 4,3 pro 1.000 Einwohner. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Scheidungen pro 1.000 Einwohner von 0,9 auf 1,9.
Es wird auch darauf hingewiesen, dass Deutschland eine Scheidungsziffer von 2,0 aufweist, was im europäischen Vergleich den 13. Platz bedeutet. Besonders auffällig sind die hohen Scheidungsziffern in Ländern wie Lettland und Litauen mit 3,1 sowie Dänemark mit 3,0. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Herausforderungen in der Partnerschaft viele Länder betreffen und die gesellschaftliche Wahrnehmung von Ehe und Beziehung im Wandel ist.
Insgesamt werfen die Daten zu Ehescheidungen in Baden-Württemberg und der EU Fragen auf, die sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Dimensionen betreffen. Die steigenden Tendenzen und vielfältigen Gründe hinter den Entscheidungen, sich zu trennen, sind Teil eines umfassenderen gesellschaftlichen Wandels in Ländern und Regionen, die mit ähnlichen Trends konfrontiert sind.