
Am Wochenende kam es zu einem großen Skandal im deutschen Turnen. Mehrere aktuelle und ehemalige Auswahl-Turnerinnen, darunter Tabea Alt, Kim Bui und Michelle Timm, erhoben schwere Vorwürfe gegen den Deutschen Turner-Bund (DTB) sowie den Schwäbischen Turnerbund (STB) und prangerten „systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch“ sowie „katastrophale Umstände“ am Bundesstützpunkt Stuttgart an, wie SWR Sport berichtet. Diese schwerwiegenden Anschuldigungen erschüttern die Turngemeinschaft in Deutschland und zeigen die besorgniserregenden Missstände in der Sportart auf.
Bereits am 31. Dezember äußerten sich die betroffenen Verbände DTB und STB in einer gemeinsamen Stellungnahme. Darin zeigten sie sich „betroffen über die zahlreichen Äußerungen von Turnerinnen“. Die Verbände betonten, dass „sämtliche Beschwerden und Hinweise ernst genommen und ihnen nachgegangen wurden und dies auch in Zukunft geschehen wird“. Der laufende Trainingsbetrieb am Bundesstützpunkt in Stuttgart werde am 2. Januar fortgesetzt, was darauf hindeutet, dass die Vorwürfe zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Betrieb haben.
Konkrete Äußerungen von Turnerinnen
Die Vorwürfe wurden hauptsächlich über soziale Medien geäußert. Tabea Alt veröffentlichte am 28. Dezember einen Beitrag, in dem sie auf Missstände wie „Essstörungen, Straftraining, Schmerzmittel, Drohungen und Demütigungen“ hinwies. Auch Carina Kröll und Michelle Timm schlossen sich den kritischen Stimmen an. Timm führte in ihrem Instagram-Post aus, dass „jahrelange Missstände Menschen kaputtmachen“ und dass „emotionale Abhängigkeit für Außenstehende kaum zu beschreiben ist“. Diese Äußerungen folgen auf die Karrierebeendigung der 17-jährigen Meolie Jauch, die mentalen Druck als Grund angibt. Ihre Entscheidung sowie die Äußerungen weiterer Turnerinnen sind Teile eines besorgniserregenden Trends im deutschen Turnen, wie Sportschau feststellt.
Unter den weiteren Stimmen war auch die Olympiavierte von London 2012, Janine Berger, die auf Instagram forderte: „Es ist Zeit, dass endlich Veränderungen im deutschen Turnsystem passieren.“ Gleichzeitig bekundete Eli Seitz, die bekannteste deutsche Turnerin, dass es wichtig sei, die bestehenden Missstände zu beheben und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.
Der STB gab bekannt, dass ab dem 7. Januar Bundestrainer Gerben Wiersma und Nachwuchsbundestrainerin Claudia Schunk die Trainingseinheiten in Stuttgart leiten werden. Ob darüber hinaus strukturelle Änderungen folgen werden, blieb unklar, da der Verband auf das „Persönlichkeitsrecht“ der Betroffenen verwies. Die Herausforderung, das „angestrebte Kultur- und Strukturwandel im Sport“ zu erreichen, sieht die Athletenvertretung als dringlich an, um künftiges Fehlverhalten zu verhindern.