
Im Verfahren gegen den ehemaligen spanischen Fußballverbandpräsidenten Luis Rubiales hat die Weltmeisterin Jenni Hermoso heute mit klaren Worten über den Vorfall nach dem Gewinn der Frauen-Weltmeisterschaft 2023 ausgesagt. Hermoso betonte, dass der umstrittene Kuss, den Rubiales ihr während der Medaillenvergabe auf die Lippen gab, ihre Freude über den Sieg „befleckt“ habe und in keiner sozialen oder beruflichen Umgebung toleriert werden sollte. Rubiales, 47 Jahre alt, wird vorgeworfen, Hermoso sexuell belästigt und sie dazu gedrängt zu haben, eine Zustimmung für den Kuss zu behaupten.
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren für Rubiales wegen sexuellen Übergriffs und Nötigung. Der frühere Verbandsboss bestreitet die Vorwürfe und bezeichnet den Kuss als harmlosen „Wangenkuss unter Freunden in einem feierlichen Moment“. Hermoso schilderte, dass der Kuss unerwartet und aus dem Kontext gerissen war und dass sie sich respektlos behandelt fühlte. In ihrer Aussage stellte sie klar: „An einem der glücklichsten Tage meines Lebens wurde ich durch diese Geste ruiniert.“ Der Vorfall ereignete sich am 20. August 2023, als Spanien im Finale gegen England die Weltmeisterschaft gewann.
Öffentliche Reaktionen und Auswirkungen
Die Reaktionen auf den Vorfall waren überwältigend und führten zu einer breiten öffentlichen Empörung. Hermoso wurde schnell zu einem Symbol im Kampf gegen Sexismus im Sport. Nach dem Kuss suchte Hermoso das Gespräch mit ihren Mitspielerinnen Alexia Putellas und Irene Paredes, um ihre Gefühle zu teilen. Zudem berichtete sie von Versuchen des spanischen Fußballverbands (RFEF), Rubiales zu schützen, indem ihr ein vorgefertigtes Statement vorgelegt wurde, um die Wogen zu glätten. Hermoso lehnte es ab, Rubiales um Unterstützung zu bitten, auch als er erneut auf seine Töchter verwies. Diese Art der Manipulation erinnert an die systematischen Probleme, die Frauen im Sport häufig erleben.
Nach dem Vorfall sah sich Hermoso nicht nur dem Druck der Medien ausgesetzt, sondern erhielt auch Todesdrohungen und fühlte sich in Madrid nicht mehr sicher. Der Druck, der auf ihr lastete, zeigt die Gefahren, mit denen Sportlerinnen konfrontiert sind, die sich gegen sexuelle Übergriffe zur Wehr setzen. Laut einer Studie von 2016 haben bereits 73% der befragten Stadt- und Kreissportbünde Ansprechpersonen für sexualisierte Gewalt eingerichtet, jedoch haben nur 16% spezifische Arbeitsgruppen zu diesem Thema.
Reform und die Spirale der Veränderungen
Die Welle der Empörung hat zu bedeutenden Veränderungen innerhalb des spanischen Fußballverbands geführt. Dies umfasst unter anderem die Ernennung einer weiblichen Trainerin für die Frauenmannschaft. Diese Reformen sind Teil eines größeren, gesellschaftlichen Wandels, der seit etwa 2010 durch gravierende Fälle von sexuellem Missbrauch in Sportverbänden angestoßen wurde.
Die Prozesse und Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt im Sport nehmen zunehmend Fahrt auf. Die neue Bundesregierung plant ein unabhängiges Zentrum für Safe Sport und hat Hilfetelefone für sexuellen Missbrauch sowie Beratungsstellen für Betroffene eingerichtet, um die Sicherheit von Sportlerinnen zu gewährleisten. Der Fall Rubiales könnte somit sowohl für Hermoso als auch für den Fußball in Spanien eine Wendepunkt darstellen, der die Notwendigkeit von Respekt und Einvernehmen im Sportsgeschäft weiter in den Fokus rückt.
Das Verfahren wird am Nationalen Gerichtshof in San Fernando de Henares, in der Nähe von Madrid, bis zum 19. Februar 2025 weitergeführt. Hermoso wird weiterhin von mehreren Teamkolleginnen, einschließlich der Ballon d’Or-Gewinnerin Putellas, unterstützt, die ebenfalls aussagen werden. Der Ausgang des Verfahrens könnte weitreichende Auswirkungen auf die Erkennung und Anerkennung von sexuellem Missbrauch im Sport haben, was deutlich zeigt, wie wichtig solche Prozeduren sind, um Sicherheit und Integrität zu fördern.
Die Diskussion über sexualisierte Gewalt im Sport darf nicht weiter tabuisiert werden. Es ist an der Zeit, dass Geschädigte gehört und geschützt werden, um in Zukunft eine sichere und respektvolle Umgebung für alle Sportlerinnen zu schaffen. Rubiales selbst und seine Mitangeklagten, zu denen auch der frühere Trainer Jorge Vilda gehört, sowie andere werden nach dem 12. Februar aussagen.
Der Kuss, der an einem denkwürdigen Tag stattfand, hat das Potenzial, der Zündfunke für tiefere Veränderungen im Sport zu sein und eine neue Ära einzuleiten, in der Consent und Respekt im Mittelpunkt stehen.