
Die Rückgabe von NS-Raubkunst ist ein brisantes Thema in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. In der Debatte um die Restitution kämpft das Kunstministerium unter der Leitung von Markus Blume (CSU) um eine klare Positionierung. Auf eine Anfrage der Grünen im bayerischen Landtag hat Blume nun erklärt, dass die Rückgabe von drei bedeutenden Kunstwerken an die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim nicht erfolgen wird. Diese Werke umfassen eine Bronzebüste von Pablo Picasso sowie zwei Gemälde von Paul Klee.
Die Entscheidung des Ministeriums basiert auf der Argumentation, dass es an eindeutigen Beweisen für einen NS-verfolgungsbedingten Entzug dieser Kunstwerke mangele. Zudem wird angeführt, dass eine Restitution gegen das bayerische Haushaltsrecht verstoßen würde, da die betreffenden Objekte zum Grundstockvermögen des Freistaats gehören. Blume plant jedoch, ein Schiedsgericht einzurufen, das – derzeit noch nicht existent – einen objektiven Bewertungsrahmen für solche Rückgabeansprüche schaffen soll. Dies steht im Kontext eines Bundeskabinettsbeschlusses vom Januar, der die Beratende Kommission ersetzen soll.
Kritik an der Ministeriumspolitik
Die Entscheidung wurde nicht nur von den Erben, sondern auch von politischen Gegnern stark kritisiert. Markus Stötzel, Anwalt der Flechtheim-Erben, fordert ein Eingreifen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und dem bayerischen Landtag. Dabei betont Stötzel die Picasso-Büste „Fernande“ als eindeutigen Fall für eine Restitution. Sanne Kurz, kulturpolitische Sprecherin der Grünen, äußert sich ebenfalls kritisch und wirft Blume vor, die Fachmeinung seiner Experten zu ignorieren. Die Diskrepanz zwischen politischer Rhetorik und den realen Entscheidungen zeigt die Komplexität der Thematik.
Die Rückgabe von NS-Raubkunst betrifft nicht nur die Staatsgemäldesammlungen. Insgesamt gibt es in Bayern neun offene Forderungen zur Rückgabe mutmaßlicher Raubkunst, wobei in drei Fällen die Staatsgemäldesammlungen betroffen sind. Zudem laufen am Bayerischen Nationalmuseum derzeit siebzehn Restitutionsverfahren.
Der rechtliche Rahmen und seine Herausforderungen
Das Thema der Restitution von NS-Raubkunst ist sowohl rechtlich als auch moralisch komplex. Wie der Artikel von Merkur erläutert, gibt es bereits seit den Nachkriegsjahren Bestimmungen zur Rückgabe von geraubten Kunstwerken, die während der NS-Zeit, insbesondere an Juden, entzogen wurden. Schätzungen zufolge wurden zwischen 1933 und 1945 etwa 600.000 Kunstwerke in Deutschland und anderen europäischen Ländern geraubt.
Die Rückgabe ist oft durch juristische Hürden und die fehlende Verfügbarkeit von Dokumenten aus der NS-Zeit erschwert. Kritiker der aktuellen Rückgabendebatte befürchten, dass die bestehenden Regelungen und fehlende Beweise für viele Fälle eine effektive Rückgabe verhindern. In den letzten zehn Jahren etwa wurden in zehn Fällen Rückgaben aus staatlichen Museen abgelehnt.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Rückgabe von NS-Raubkunst nach wie vor ein kontroverses Thema bleibt. Die Diskussion über die Verantwortung der öffentlichen Hand und die Ansprüche der Erben wird sowohl politisch als auch gesellschaftlich aufmerksam verfolgt. Ein umfassender rechtlicher Klarheit und eine rückhaltlose Prüfung der Provenienzen sind unerlässlich, um dem Anspruch der Gerechtigkeit gerecht zu werden.
Die Herausforderungen der Restitution spiegeln einen historischen Unrecht wider und werfen Fragen auf, wie mit dem kulturellen Erbe umgegangen werden sollte. Für die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen bleibt der Druck, eine Lösung zu finden, die sowohl rechtlichen als auch moralischen Ansprüchen gerecht wird. Dies ist besonders wichtig in der fortschreitenden Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit.