
Prof. Dr. Ludwig Kroiß, der ehemalige Präsident des Traunsteiner Landgerichts, wurde im Juni 2024 wegen sexueller Belästigung verurteilt. Das Amtsgericht München sprach eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten aus, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Vorfall ereignete sich im September 2021, als Kroiß eine Sekretärin nach Feierabend in seinem Büro küsste. Diese Beschreibung der Tat und das Verhältnis zwischen Kroiß und der Sekretärin wurden als schwierig eingestuft, da sie sich nach dem Vorfall unwohl fühlte. Trotz der Vorwürfe bestreitet Kroiß diese vehement und spricht von einem „Komplott“ gegen ihn. Er plant zudem eine Berufungsverhandlung, die für den 25., 26. Juni sowie 1., 2. und 3. Juli 2025 am Landgericht München I angesetzt ist.
Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen gefordert, während die Verteidigung auf Freispruch plädierte und die Berufung gegen das Urteil einlegte. Bei Prozessbeginn äußerte sich Kroiß nicht zu den Vorwürfen. Sein Anwalt kritisierte den Strafbefehl als unbegründet und wies darauf hin, dass das Gericht nicht auf eine angekündigte Stellungnahme wartete. In der Folge wurde ein Disziplinarverfahren gegen Kroiß eingeleitet.
Konsequenzen für Kroiß
Bereits vor der ersten Verhandlung wurde Kroiß vom Dienst suspendiert, und seine Pension wurde erheblich gekürzt. Im Oktober 2024 ordnete das Dienstgericht beim Landgericht Nürnberg-Fürth eine vorläufige Suspendierung an, die die Hälfte seiner laufenden Dienstbezüge betraf. Kroiß legte zunächst Beschwerde gegen diese Suspendierung ein, schied jedoch Ende Januar 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Justizdienst aus, wodurch die Beschwerde obsolet wurde.
Anja Kesting wurde im April 2024 zur ersten Präsidentin des Landgerichts in der 700-jährigen Geschichte dieser Institution ernannt. Dies zeigt nicht nur einen Wandel in der Führung, sondern steht auch im Kontext der Auseinandersetzung mit sexueller Belästigung und dem rechtlichen Schutz in solch prekären Situationen.
Rechtslage zur sexuellen Belästigung
Sexuelle Belästigung wird in Deutschland gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten definiert, das die Würde einer Person verletzt. Beispiele hierfür sind unerwünschte sexuelle Handlungen, körperliche Berührungen sowie Bemerkungen sexuellen Inhalts. Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten einige rechtliche Meilensteine gesetzt, um den Schutz vor sexueller Belästigung zu stärken. Dies wurde erstmals 1983 intensiv in die öffentliche Diskussion gebracht.
In der Rechtsprechung ist ein einmaliger Übergriff bereits ausreichend, um den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen. Die Unerwünschtheit eines Verhaltens wird objektiv bestimmt, was bedeutet, dass auch unbeabsichtigtes Verhalten als belästigend gelten kann. Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Wiederholungen zu verhindern und die Interessen der Betroffenen zu wahren. Es bleibt allerdings viel zu tun, um die Thematik umfassend anzugehen und die Rechte der Betroffenen zu stärken.
Kroißs Fall könnte somit nicht nur für ihn persönlich weitreichende Konsequenzen haben, sondern auch eine breitere Diskussion über sexuelle Belästigung im Arbeitsumfeld anstoßen und das Bewusstsein für diese Thematik schärfen.