
In einer eindringlichen Predigt hat Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, vor dem wachsenden Einfluss nationalistischer und rechtsextremistischer Kräfte in Deutschland und Europa gewarnt. Diese Äußerungen fanden im Rahmen eines Gottesdienstes in der Münchner Jesuitenkirche Sankt Michael statt, anlässlich des 80. Jahrestags der Ermordung des Jesuitenpaters Alfred Delp durch die Nationalsozialisten. Marx betonte, dass Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus keine nachhaltigen Lösungsansätze bieten und stattdessen für Leid, Vergeltung und neue Konflikte verantwortlich sind. Dies zeigt sich insbesondere in der aktuellen politisch-gesellschaftlichen Lage in Europa.
Marx forderte in seiner Ansprache einen Dialog auf Augenhöhe, der die Menschlichkeit des Gegenübers anerkennt. Die Überzeugung, dass alle Menschen Brüder und Schwestern sind, sei ein zentraler Bestandteil des christlichen Glaubensbekenntnisses. Gleichzeitig appellierte er an die Gläubigen, im Geiste Alfred Delps „Zeuginnen und Zeugen der Freiheit“ zu werden und zu einer Gesellschaft beizutragen, die auf gegenseitiger Achtung basiert.
Ein Alarmzeichen für die Gesellschaft
Die Warnungen von Kardinal Marx kommen vor dem Hintergrund einer alarmierenden Entwicklung: Rechtsextremistische und populistische Parteien gewinnen in vielen europäischen Ländern an Unterstützung. Laut bpb.de hat die Bedrohung durch rechtsextremistische Gewalt in Europa ein hohes Niveau erreicht, insbesondere seit dem Jahr 2019, das als ein Jahr massiver rechtsterroristischer Anschläge weltweit galt.
In Deutschland ist die Lage besonders angespannt. Nach den verheerenden Anschlägen in Hanau im Jahr 2020 erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer, dass Rechtsextremismus die größte Gefahr für die Demokratie darstelle. Laut den Sicherheitsbehörden gibt es in Deutschland ein hohes Potenzial für rechtsterroristische Gewalt im europäischen Vergleich.
Die historische Perspektive
Marx erinnerte in seiner Predigt an Alfred Delp, der 1907 in Mannheim geboren wurde und zum katholischen Glauben konvertierte. Delp trat 1926 in den Jesuitenorden ein und war Redakteur bei „Stimmen der Zeit“. Zudem war er Teil des Widerstands gegen das nationalsozialistische Regime und wurde1944 verhaftet. Seine Hinrichtung am 2. Januar 1945 ist eine mahnende Erinnerung an die Gefahren der extremen Rechten und die damit verbundenen Ideologien.
Marx’ Aufruf zur Selbstkritik ist nicht nur ein Appell an die Kirche, sondern an die gesamte Gesellschaft. Er stellt fest, dass es nicht um eine spezielle Gruppe oder Partei gehe, sondern um das Denken und Handeln aller Menschen. In einer Zeit, in der ultranationalistische und xenophobe Einstellungen zunehmen, ist es von zentraler Bedeutung, die Prinzipien der Menschlichkeit und des Dialogs in den Vordergrund zu rücken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Worte von Kardinal Marx ein dringender Aufruf sind, die Gefahren von Nationalismus und Rechtsextremismus ernst zu nehmen und sich aktiv für eine offene, respektvolle und dialogbereite Gesellschaft einzusetzen. Nur durch Nachhaltigkeit und das gemeinsame Streben nach Frieden kann der wiederkehrenden Bedrohung durch extremistische Ideologien erfolgreich begegnet werden.