
Eine bedeutende archäologische Untersuchung hat in Nürnberg Aufsehen erregt: Die Überreste von nahezu 3.000 Menschen, die während einer verheerenden Pestwelle im 17. Jahrhundert starben, wurden auf dem größten dokumentierten Pestfriedhof Deutschlands freigelegt. Zurückzuführen ist dies auf Grabungen, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden und mittlerweile den Status erreicht haben, als historisches Erbe angesehen zu werden. Nürnbergs Stadtarchäologin Melanie Langbein hat die kommende Ausstellung über die Grabungen für Herbst oder Winter 2023 angekündigt, die in der Innenstadt stattfinden wird. Die Funde und ihre historischen Implikationen sind nun ein zentrales Anliegen der Stadt.
Bei den Ausgrabungen sind bereits mehr als 2.000 Skelette freigelegt worden, und Schätzungen zufolge könnten insgesamt 2.800 bis 3.000 Pestopfer entdeckt werden. Die Relevanz dieser Funde erstreckt sich nicht nur auf die schlichte Zahl der Verstorbenen, sondern auch auf die Tiefe und Vielfalt der Informationen, die diese Überreste liefern können. Mit einer Maximalhöhe von bis zu anderthalb Metern liegen die Toten in mehreren Schichten übereinander, was die Komplexität der Bestattungspraktiken jener Zeit verdeutlicht. Ein erhellender Umstand ist, dass die Knochen aufgrund von Abfällen einer früheren Kupfermühle in der Umgebung grün verfärbt sind, was interessante Forschungsergebnisse über die Umweltauswirkungen der damaligen Zeit verspricht. [Geo] berichtet, dass die Funde alle Altersklassen umfassen – von Säuglingen bis zu älteren Menschen – und verschiedene Geschlechter vertreten sind.
Anthropologische Auswertung und Forschung
Die anthropologischen Analysen der Überreste werden derzeit von einer spezialisierten Grabungsfirma in Bamberg durchgeführt. Diese Auswertungen erlauben gute Einblicke in die Lebensumstände der Menschen im 17. Jahrhundert. Informationen über Größe, Geschlecht, Alter und gesundheitliche Anomalien der Toten werden erfasst. Diese Prozesse sind jedoch nur der Anfang: Forscher erhoffen sich auch Erkenntnisse über die genetische Entwicklung des Pest-Erregers aus Proben, die aus den Backenzähnen der Toten entnommen werden sollen. Darüber hinaus werden Proben aus den Becken für eine Untersuchung von Darmparasiten entnommen. [BR] hebt hervor, dass die forensische Untersuchung auch die Analyse von Insektenresten umfasst, um die Todeszeitpunkte näher einschätzen zu können.
Auf dem Gelände, welches für die Ausgrabung genutzt wird, sind Parallelbauarbeiten für ein Pflegeheim und Wohnungen für Senioren geplant. Dieses Vorhaben prägt die Dringlichkeit der archäologischen Arbeiten. Bis die Ausgrabungen vollständig abgeschlossen sind, soll das Gelände jedoch nicht für die Bauarbeiten freigegeben werden. Dies verdeutlicht die sorgfältige Balance zwischen der Bewahrung historischem Erbes und den Bedürfnissen der modernen urbanen Entwicklung.
Öffentliche Ausstellung und ethische Überlegungen
Ob und in welchem Umfang die gefundenen Überreste später in einer größeren, umfassenden Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, bleibt vorerst unklar. Der Umgang mit menschlichen Überresten in Ausstellungen ist ein weitreichend diskutiertes Thema, das ethische Fragestellungen aufwirft. Die Sensibilität gegenüber den Relikten vergangener Tragödien ist in den letzten Jahren gewachsen, und es wird erwartet, dass diese Debatte auch im Zusammenhang mit den Nürnberger Funden weitergeführt wird. Ein zentraler Punkt bleibt, dass die wissenschaftliche Bedeutung dieser Funde enorme Möglichkeiten für zukünftige Forschungen bietet und die Geschichte der Pest in Deutschland neu beleuchten könnte.
So steht die Stadt Nürnberg nicht nur vor der Herausforderung, eine bewegte Geschichte zu bewahren, sondern auch die wichtigen Erkenntnisse, die aus diesen Arbeiten hervorgehen, einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. [PNP] berichtet, dass nach dem Abschluss der Untersuchungen die Reste der Toten ins Depot der Stadtarchäologie gebracht werden sollen, was einen weiteren Schritt in der ethischen Handhabung der menschlichen Überreste darstellen würde.