
Das neue Bundestagswahlrecht, das mit der Wahl am 23. Februar 2025 in Kraft trat, sorgt für erhebliche Besorgnis innerhalb der CSU. Eva Weber, ein Mitglied des CSU-Vorstands, äußerte Bedenken über die Auswirkungen dieser Reform auf das Vertrauen der Bürger in die Demokratie. Sie warnte, dass die Veränderung den Prozess der Entfremdung zwischen der Bevölkerung und der Politik verstärken könnte. Die kritische Situation ist besonders bitter für die Wähler in Augsburg, wo drei direkt gewählte Kandidaten, darunter Volker Ullrich, kein Mandat erhalten haben, obwohl sie ihre Wahlkreise gewonnen haben, da ihr Erfolg nicht durch das Parteiergebnis gedeckt war. Laut Weber ist diese Situation „unsäglich“ für die Wähler.
Volker Ullrich, selbst CSU-Abgeordneter und Verfechter der Interessen seiner Region, kritisierte energisch die Reform. Er bezeichnete das neue Wahlrecht als unfair und antidemokratisch. Trotz eines geringen Vorsprungs von über zehn Prozentpunkten und 31,1 Prozent der Stimmen in seinem Wahlkreis fand Ullrich keinen Platz im Bundestag. In einem emotionalen Moment am Wahlabend zeigte ein Video Ullrich im intensiven Gespräch mit Claudia Roth von den Grünen, in dem er seinen Unmut über das Wahlrecht äußerte und Roth sowie einem FDP-Abgeordneten den Handschlag verweigerte.
Die Auswirkungen der Wahlrechtsreform
Die Wahlrechtsreform hat weitreichende Konsequenzen: Überhang- und Ausgleichsmandate entfallen, was bedeutet, dass ein Sieg im Wahlkreis nicht mehr zwangsläufig einen Sitz im Bundestag garantiert. Diese Neuregelung vor allem in umkämpften Wahlkreisen, insbesondere in großen Städten, könnte dazu führen, dass Direktkandidaten wie Ullrich und seine CSU-Kollegen, trotz eines Wahlsieges, leer ausgehen. Insgesamt sind bundesweit 23 Direktkandidaten von der Reform betroffen, darunter auch Kandidaten der CDU, AfD und SPD.
Politikwissenschaftler Martin Gross warnte daraufhin, dass die Reform besonders in Bayern große Nachteile für die CSU mit sich bringen könnte. Ein Beispiel sind die Ergebnisse der letzten Wahl 2021: Hätte die Reform damals schon gegolten, wäre es für neun von 45 direkt gewählten CSU-Kandidaten in Bayern nicht möglich gewesen, in den Bundestag einzuziehen. Dies zeigt sich besonders in Wahlkreisen wie München, wo gute Abschlüsse von Kandidaten wie Bernhard Loos (25,7%) und Stefan Pilsinger (27,0%) nicht ausreichen könnten, um einen Mandat zu erhalten.
Politische Perspektiven und zur Verfassung
Die neue Gesetzgebung wird auch durch die Entscheidung geprägt, die Anzahl der Abgeordneten auf 630 zu begrenzen, um die Kosten zu senken. Kritiker, darunter der Professor für Öffentliches Recht Volker Boehme-Neßler, befürchten, dass dies das Vertrauen der Wähler in die Politik schädigen könnte. Der Professor warnt, dass dadurch die Macht der Parteien gestärkt wird und weniger Vertreter aus städtischen Regionen im Bundestag zu finden sein könnten. Boehme-Neßler schlägt zudem vor, das alte Gesetz als Grundlage zu verwenden, um die Wahlkreise neu zuzuschneiden.
Insgesamt stellt die Reform nicht nur die Vertreter der CSU, sondern auch die politische Landschaft in Deutschland vor große Herausforderungen. Wie sich die Situation in der nächsten Legislaturperiode entwickeln wird, bleibt abzuwarten, doch der Widerstand gegen die Reform ist bereits spürbar und könnte langfristige Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit der politischen Institutionen haben. Eine neue Regelung, die die Sorgen der Bürger und Politiker ernst nimmt, wird in der kommenden Zeit gefordert sein.