
Das renommierte Hamburger Auktionshaus Hauswedell & Nolte, das 2015 nach 88 Jahren und 466 Versteigerungen seinen Betrieb einstellte, war ein bedeutender Akteur im deutschen Kunstmarkt. Heute wird ein Teil seiner Geschichte und seines Erbes im Kölner Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung (ZADIK) gewürdigt, wo der Hammer des Auktionshauses ausgestellt ist. Diese Ausstellung ist Teil der umfassenden Retrospektive „Der Weg zur Kunst“, die sowohl Originalschriftstücke als auch Faksimiles und Fotografien aus dem Archiv präsentiert. Die Ausstellung ist bis zum 28. September zu sehen und wird von einem Symposium am 10. und 11. März begleitet, welches die Entwicklung und den Einfluss des Auktionshauses thematisieren wird.
Hauswedell & Nolte wurde 1927 von dem Verleger Ernst Hauswedell als Buch-Club gegründet. Bereits 1930 fand die erste Auktion statt. Nach einem Neuanfang als Antiquariat und Auktionshaus im Jahr 1935 erweiterte man das Programm um Grafiken und Ostasiatika. 1963 trat Ernst Nolte in die Firma ein und übernahm 1977 die Leitung. Seine Partnerin, Gabriele Braun-Nolte, die 1967 als Assistentin begann, gilt als prägende Figur des Auktionshauses, insbesondere durch ihre innovative Katalogisierung. Das Haus stellte zudem bemerkenswerte Rekorde auf, darunter den ersten Zuschlag über eine Million nach dem Zweiten Weltkrieg für ein Werk von Tilman Riemenschneider.
Das Archiv und seine Bedeutung
Nach der Firmenauflösung im Jahr 2016 wurde das Archiv von Hauswedell & Nolte, das den größten Bestand im ZADIK bildet, übergeben. Insgesamt wurden rund 500 Umzugskartons mit Unterlagen archiviert. Diese umfassen Kataloge und Dokumente zu den 466 Auktionen, die von 1930 bis 2015 stattfanden. Die Kataloge sind für ihre wissenschaftliche Dokumentationsqualität anerkannt. Seit 2010 wurden die Auktionskataloge bis 1945 im Rahmen des DFG-Projekts „German Sales 1930-1945“ online gestellt, während die Kataloge bis 1992 schrittweise digitalisiert werden, um die Forschungsarbeit zu unterstützen. Die Digitalisierung ermöglicht nicht nur einen besseren Zugang zu Informationen, sondern beantwortet auch etwa 80 Prozent der Anfragen zu Provenienzen von Kunstwerken.
Ein weiterer bedeutender Aspekt der Ausstellung ist das globale Netzwerk des Auktionshauses, das in der Kunstgeschichte eingeschrieben ist. Hauswedell & Nolte knüpfte Kontakte zu deutschen Emigranten sowie zu Händlern in den USA, was die internationale Reichweite der Auktionen unterstreicht. Das Archiv lässt sich auch für soziologische Netzwerkanalysen nutzen, da sich Auktionen zunehmend als gesellschaftliche Ereignisse herauskristallisierten.
Provenienzforschung und ihre Relevanz
Im Kontext der Kunstmärkte spielt die Provenienzforschung eine essentielle Rolle. An der Freien Universität Berlin wurde 2011 ein innovatives Lehrangebot zur Provenienzforschung etabliert, das auf die Bedeutung der Herkunft von Kunstwerken aufmerksam macht. Die Studierenden lernen sowohl die grundliegenden wie auch die hochkomplexen Aspekte der Provenienzbestimmung. Dazu gehören das Handling spezifischer Rechercheverfahren und die Dokumentation von Kunstwerken, insbesondere im Hinblick auf NS-Raubkunst, was eine moralisch-ethische Dimension in der Kunsthistorie mit sich bringt.
Die Vergangenheit von Hauswedell & Nolte und die Profilschärfung durch das ZADIK sind nicht nur ein Blick in die Geschichte des Kunstmarktes, sondern auch eine wichtige Reflexion über kulturellen Austausch, Identität und die Verantwortung gegenüber historischen Artefakten.