
Emil Julius Gumbel (1891–1966) war ein herausragender jüdischer Mathematiker und Nationalökonom, der sich nicht nur durch seine wissenschaftlichen Leistungen, sondern auch durch sein mutiges Engagement gegen politische Missstände in der Weimarer Republik auszeichnete. Er arbeitete mit berühmten Persönlichkeiten wie Albert Einstein und wurde für seine mathematischen Analysen rechtspolitisch motivierter Morde bekannt. Gumbel gilt als Pionier der Extremwerttheorie, einer statistischen Methodik zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten seltener Ereignisse, die bis heute in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen Anwendung findet. Dies macht ihn zu einer Schlüsselfigur in der Diskussion um Extremereignisse in der Gesellschaft und der Wissenschaft, wie Universität Konstanz berichtet.
Gumbel wurde in das jüdische Großbürgertum des Wilhelminischen Kaiserreichs hineingeboren und studierte Mathematik und Nationalökonomie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er engagierte sich frühzeitig gegen den aufkommenden Faschismus und verknüpfte seine wissenschaftliche Arbeit mit seinem politischen Aktivismus, was ihn in den Kreis bedeutender Intellektueller wie Kurt Tucholsky führte. Er war Mitgründer des „Bund Neues Vaterland“, der sich später in die „Deutsche Liga für Menschenrechte“ umbenannte, die demokratische Werte der Weimarer Republik verteidigte und sich gegen Rassismus und Krieg einsetzte. Wie Seemoz feststellt, berichtete Gumbel über die häufige Milderung der Strafurteile bei rechtspolitisch motivierten Morden und dokumentierte in seinen Schriften die erdrückenden Statistiken, die diese Ungerechtigkeit belegten.
Ein Leben in Gefahr und der Kampf gegen den Nationalsozialismus
Das Leben Gumbels war durch zahlreiche Gefahren geprägt. Am 14. März 1919 überfiel ein Militärauto sein Zuhause in Berlin. Gumbel entkam, da er zu diesem Zeitpunkt in Bern war und somit dem Mordanschlag seiner Verfolger, die ihn wegen seines Pazifismus als „Schädling“ bezeichneten, entkam. Dies ist nur ein Beispiel für die Bedrohungen, denen er aufgrund seiner politischen Ansichten und seiner jüdischen Abstammung ausgesetzt war, was ihn schließlich zur Flucht zwang. Wie Deutschlandfunk Kultur berichtet, wurde Gumbels Lehrerlaubnis 1932 entzogen, und er war die erste Person auf der Ausbürgerungsliste des nationalsozialistischen Regimes.
Seine Emigration führte ihn zunächst nach Frankreich, wo er französischer Staatsbürger wurde, bevor er 1940 in die USA floh. Dort vertiefte er seine Arbeiten zur Extremwerttheorie, welche die mathematischen Grundlagen für die Bewertung seltener, extremer Ereignisse legte. Gumbel wurde während seiner Zeit in den USA zu einem geschätzten Wissenschaftler, dessen Ansichten und Methoden auch nach seinem Tod 1966 in New York noch von großer Bedeutung sind.
Die Würdigung seines Lebenswerkes
Zu Beginn des Jahres 2023 wurde Gumbels Bedeutung durch den Dokumentarfilm „Extreme Werte. Die Geschichte E. J. Gumbels“ gewürdigt, der am 9. Januar 2025 im ausverkauften Zebrakino in Konstanz präsentiert wurde. Der Film kombinierte historische Aufnahmen, Tonspuren und animierte Szenen, um Gumbels grossen Beitrag zur Wissenschaft und zur Gesellschaft anschaulich zu machen. In einer anschließenden Podiumsdiskussion, an der Mathematiker und die Drehbuchautorin Anke Klaaßen teilnahmen, wurde die Relevanz von Gumbels Extremwerttheorie hervorgehoben, wobei Jan Beran betonte, dass diese Methodik politisch neutral sei, sich aber mit außergewöhnlichen Messwerten beschäftige.
Matthias Scherer, der Initiator des Films und der gleichzeitig eröffneten Ausstellung in der vhs-Galerie in Konstanz, erklärte, dass die mathematischen Formeln, die im Film präsentiert werden, korrekt seien, detailreiche Erklärungen jedoch ausgeblendet wurden. Die Ausstellung, die bis zum 7. Februar 2025 kostenfrei besucht werden kann, bietet weitere Einblicke in das Leben und Werk Gumbels und lädt dazu ein, das Erbe eines visionären Denkers zu würdigen.