
Der Krieg in der Ukraine, der seit 2014 anhält, hat nicht nur menschliches Leid verursacht, sondern auch erhebliche Schäden an Ökosystemen und Infrastrukturen angerichtet. Millionen von Menschen wurden gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Angesichts dieser verheerenden Auswirkungen organisiert das Institut für Slavistik der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) eine interdisziplinäre Tagung, die vom 31. Januar bis 2. Februar 2025 stattfinden wird. Das Thema der Tagung lautet: „Re-Thinking Post-Socialist War(s): Comparative Dimensions of the War in Ukraine (2014-2024)“.
Dr. Alexander Chertenko, der Mitorganisator der Veranstaltung, hebt hervor, dass der Fokus darauf liegt, die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs im Vergleich zu anderen militärischen Konflikten zu erörtern. An der Konferenz werden mehr als 30 Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen teilnehmen, die aus Ländern wie Deutschland, Österreich, Ungarn, Israel und den USA stammen. Die Tagung wird um 9 Uhr am 31. Januar im GCSC, Gießen, eröffnet und beinhaltet eine Reihe von Fach-Panels sowie zwei Keynote-Vorträge, darunter einer von Prof. Dr. Marc R. Beissinger von der Princeton University.
Leitfragen der Tagung
Im Rahmen der Tagung werden vier zentrale Leitfragen diskutiert:
- Legitimierung von bewaffneten Konflikten zur Erreichung (geo-)politischer Ziele.
- Einfluss der Kriegsführung auf soziale und kulturelle Praktiken.
- Soziale, kulturelle und wirtschaftliche Faktoren, die Kriege begünstigen.
- Framing von postsozialistischen und Post-Abhängigkeitskriegen und deren Einfluss auf Identitäten.
Diese Tagung ist Teil des Verbundprojekts „(Un)Diszipliniert: Ukrainistik pluralisieren – Den Krieg in der Ukraine verstehen“, das von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
Friedensethische Perspektiven
Parallel zur akademischen Diskussion finden in Deutschland auch friedensethische Tagungen statt, um die dringende Frage nach Frieden in der Ukraine zu erörtern. So wurde im Rahmen der zweiten Friedensethischen Tagung vom 17. bis 18. Februar 2023 der Situation in der Ukraine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Organisiert von neun evangelischen Akademien, lag der Schwerpunkt auf den Erfahrungen und Perspektiven von Betroffenen aus Osteuropa.
Die Tagung veranschaulichte die Rolle der Kirchen und der Zivilgesellschaft in der Friedensdebatte. Die Dokumentation dieser Tagung, die „Im Dialog mit aktuellen Stimmen aus Osteuropa“ betitelt wurde, fasst die wichtigsten Beiträge zusammen und ist auf der Website der Evangelischen Akademie zu Berlin verfügbar.
Die Rolle der Wissenschaft
Wissenschaftler wie Prof. Dr. Hein-Gerhard Justenhoven reflektieren die Situation aus einer friedensethischen Perspektive. Er betont, dass der Krieg ein klarer Bruch des völkerrechtlichen Gewaltverbots darstellt und fordert eine angemessene militärische Abwehr der Ukraine, wenn nichtmilitärische Maßnahmen versagen. Justenhoven weist darauf hin, dass das Diskutieren von Sanktionen als Mittel zur Kriegsbeendigung erforderlich ist, aber bisher keine signifikanten Veränderungen in der russischen Politik bewirkt hat.
Die Entwicklungen in der Ukraine, die durch den Krieg eine stärkere nationale Identität erfahren hat, werfen auch Fragen zu den sozialen Traumata der Bevölkerung auf. Nach einem möglichen Waffenstillstand müssen die damit verbundenen Herausforderungen angegangen werden. Ein Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen in Russland, die den Krieg ablehnen, kann zu einer Wahrheitsfindung und weiteren friedlichen Entwicklungen beitragen.
Insgesamt zeigt sich, dass sowohl die wissenschaftliche Auseinandersetzung als auch die ethischen Überlegungen zur Kriegsthematik von großer Bedeutung sind, um den vielschichtigen und grausamen Konflikt in der Ukraine adäquat zu verstehen und mögliche Lösungen zu erarbeiten.