
Im katholischen Canisius-Kolleg in Berlin fanden über Jahrzehnte hinweg brutale sexueller Missbrauch und systematischer Missbrauch von Schülern statt. Die dunkle Geschichte dieser Institution wurde vor 15 Jahren aufgedeckt, doch die Betroffenen kämpfen weiterhin um Anerkennung und finanzielle Entschädigung für erlittenes Unrecht. Es ist der 10. Januar 2025, und die Stimme der Opfer, angeführt von Matthias Katsch, drängt die Politik dazu, die Verjährungsfristen für ihre Entschädigungsansprüche auszusetzen.
Matthias Katsch, selbst ein Opfer der Missbräuche in den 1980er Jahren, hat nicht nur seine eigenen Erfahrungen dokumentiert, sondern auch zahlreiche andere Betroffene ermutigt, ihre Geschichten zu erzählen. Katsch stellt klar, dass die katholische Kirche über die Neigungen der Täter informiert war. Trotz dieser Erkenntnisse wurden die Pädophilen einfach an andere Schulen versetzt, ohne dass Konsequenzen zu befürchten waren. Pater Klaus Mertes, der 1994 an die Schule kam, nahm sich der Angelegenheit an, hörte den Betroffenen zu und sprach eine öffentliche Entschuldigung aus. Seine Bemühungen führten dazu, dass rund 600 Ehemalige ihn kontaktierten, was die Welle der Enthüllungen über den Missbrauch an katholischen Einrichtungen auslöste, wie rbb24 berichtet.
Forderungen nach Entschädigungen
Die katholische Kirche bot anfänglich eine pauschale Entschädigung von 5.000 Euro an, eine Summe, die als erniedrigend empfunden wurde. In der Folge wurde diese Summe auf einen Durchschnitt von 20.000 Euro erhöht. Dennoch gibt es seitens der Kirche Widerstand gegen das Wort „Entschädigung“, während direkte Verhandlungen mit den Betroffenen abgelehnt werden. Der „Eckige Tisch“ der Betroffenen fordert von der Politik die Schaffung eines Entschädigungsfonds sowie die Aussetzung der Verjährung in diesen Fällen, um den Opfern gerecht zu werden.
Generalvikar Manfred Kollig sieht Schwierigkeiten darin, den erlittenen Schaden durch Geld zu beziffern und nannte die finanziellen Möglichkeiten der Kirche begrenzt. Betroffene wie Katsch kritisieren nicht nur die Höhe der Entschädigungen, sondern vergleichen die Situation in Deutschland mit denen in Irland und den USA, wo die Entschädigungen deutlich höher ausfallen.
Präventionsmaßnahmen und Aufarbeitung
Das Canisius-Kolleg hat umfangreiche Präventionsmaßnahmen eingeführt, um zukünftigen Missbrauch zu verhindern, und engagiert sich stark in der Aufklärung über sexuellen Missbrauch. Die Schulleiterin Gabriele Hüdepohl berichtet von einem tiefen Schock innerhalb des Kollegiums, nachdem die Missbrauchsfälle bekannt wurden. Einige Lehrkräfte verlangten Aufklärung, während andere um ihren Arbeitsplatz fürchteten. Der Campus der Schule, der sowohl neue als auch historische Gebäude umfasst, war lange Zeit ein Tatort für Missbrauch.
Schüler wie die Abiturientin Rafaela Starford schildern, dass Vorurteile gegenüber der Schule bestehen. Die Einrichtung verfolgt jedoch die Strategie, den Missbrauchsskandal nicht zu leugnen, sondern die Vorfälle in die Vergangenheit zu verweisen. Matthias Katsch fordert eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Gewaltgeschichte des Canisius-Kollegs, während Sprechen über unbeantwortete Fragen zu den Tätern und deren Zusammenarbeit weitergeführt wird. Der Leiter des Jesuiten-Ordens in Deutschland, Johannes Siebner, weist die Unterstellung zurück, dass die Gewaltgeschichte nicht umfassend untersucht wurde. Bisher veröffentlichte Berichte halten sich nicht an wissenschaftliche Standards, wie Deutschlandfunk aufzeigt.
Die kontinuierlichen Bemühungen um Prävention und Aufarbeitung sind von zentraler Bedeutung. Heute haben viele Schülerinnen und Schüler Vertrauen in die Schule, da sie hoffen, dass aus den Fehlern der Vergangenheit immer noch gelernt wird. Diese Hoffnung steht im Kontrast zu den Erfahrungen der Opfer und den weiterhin offenen Fragen bzgl. der Verantwortlichkeiten.
In einem breiteren gesellschaftlichen Kontext findet die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in den Kirchen immer mehr Beachtung. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) diskutiert bereits die Etablierung von Verfahren zur Anerkennung von Zahlungen und plant eine umfassende Untersuchung ihrer eigenen Strukturen, um den Missbrauch zu begegnen, so wird unter anderem bei missbrauch.beauftragte.de erläutert.
Die Diskussionen rund um den Missbrauchsskandal am Canisius-Kolleg und die damit verbundenen Entschädigungsfragen zeigen, dass die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung bleibt, die Mut, Offenheit und ein unermüdliches Streben nach Gerechtigkeit benötigt.