
Am 22. April 2025 wird im Schloss der Universität Münster eine neue „Arbeitsstelle für kritische, interdisziplinäre und interreligiöse Männlichkeitsforschung“ (AKIIM) feierlich eröffnet. Die Veranstaltung beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal S1. Diese Initiative wird von Prof. Dr. Mouhanad Khorchide und Dr. David Koch, beide vom Zentrum für Islamische Theologie, geleitet. Inhaltlich wird die Arbeitsstelle von Prof. Dr. Michael Tunç von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin unterstützt. Laut Angaben der Universität Münster zielt die AKIIM darauf ab, ein vertieftes Verständnis für die Rolle von Männern in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten zu entwickeln und somit zur Radikalisierungs- und Fundamentalismusforschung beizutragen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Radikalisierung junger Männer in sozialen Netzwerken durch selbsternannte Islamprediger.
Die Notwendigkeit dieser Forschung ist durch die zunehmenden islamistischen Tendenzen und den religiösen Fundamentalismus in der heutigen Gesellschaft begründet. Religion wird häufig für Hass und Gewalt instrumentalisiert, was nicht nur für die Gesellschaft als Ganzes, sondern auch speziell negative Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche hat. Ein weiterer Schwerpunkt der AKIIM wird die Entwicklung von Lehrmaterialien für den islamischen Religionsunterricht sowie für die Gefängnisseelsorge sein, um Rehabilitierung und gesellschaftliche Integration zu fördern. Auch die Väterarbeit wird in den Mittelpunkt gerückt, um neue, progressive Rollenvorbilder zu etablieren.
Männerforschung im Kontext
Die Männlichkeitsforschung, wie sie heute verstanden wird, hat sich zu einem komplexen, multidisziplinären Wissenschaftsgebiet entwickelt. Im deutschsprachigen Raum sind vor allem soziologisch orientierte Gender-Studien dominant, die sich mit der sozialen Konstruktion von Männlichkeit befassen. Diese Forschungsrichtung entstand in den letzten drei Jahrzehnten in Reaktion auf feministischen Diskurse, die eine kritische Auseinandersetzung mit patriarchalischen Strukturen forderten. Der Fokus liegt häufig auf der Analyse von Gewalt, Sozialisation, Familie sowie der Verkörperung von Männlichkeit in verschiedenen Lebenskontexten.
In den 1990er Jahren suchte die Männerforschung nach neuen Definitionen von Männlichkeit, insbesondere im Zusammenhang mit der hegemonialen Männlichkeit. Diese wird als flexible Dominanzstruktur beschrieben, die sich in sozialen, politischen und emotionalen Beziehungen zeigt. Ein zentrales Konzept der Forschung ist die „patriarchale Dividende“, die die kulturell verankerte Überlegenheit des Mannes beschreibt und die tief in der globalisierten kapitalistischen Ökonomie verwurzelt ist. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Machtverhältnissen und Männlichkeitskonstruktionen, die auch von Pierre Bourdieu thematisiert werden, beeinflussen maßgeblich die Forschungslandschaft.
Aktuelle Herausforderungen der Männlichkeit
Die Männerforschung thematisiert zunehmend die Verletzlichkeiten und Identitätsprobleme von Männern. In kritischen Lebenslagen zeigen viele Männer Hilflosigkeit, die oft in das Abspalten von Gefühlen und das Projektion dieser Hilflosigkeit auf andere mündet. Dies verändert die soziale Wahrnehmung und erfordert ein Umdenken in der Männerforschung: Männer sollten nicht ausschließlich als Problemgruppe betrachtet werden. Stattdessen müssen die unterschiedlichen Lebenswelten und Erfahrungen von Männern, einschließlich der Diversität von Männlichkeiten in sozialen Strukturbezügen, ernst genommen und erforscht werden.
Diese gesellschaftliche Relevanz ist auch für die AKIIM erkennbar, die durch ihre interdisziplinäre Ausrichtung einen wichtigen Beitrag zur Männlichkeitsforschung leisten kann. Zukünftige Forschungen sollten diesen Zusammenhang zwischen persönlicher Identität und gesellschaftlicher Struktur weiterhin kritisch beleuchten, um ein besseres Verständnis für die komplexe Rolle von Männern in unserer Welt zu entwickeln.
uni-muenster.de berichtet, dass die Arbeitsstelle am Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster gegründet wird. Zusätzlich zu diesen Informationen zeigt die bpb.de, dass die Männlichkeitsforschung ohnehin ein relevantes Forschungsthema der Gender Studies ist. Kontextualisiert werden diese Themen auch von uni-paderborn.de, die die Entwicklung dieser Forschung im deutschen Raum beschreiben.