
Im Sommer 2024 erlebte Deutschland die Entstehung neuer rechtsextremer Gruppierungen. Diese Gruppen sind vor allem durch ihre Gegenproteste zu Pride-Veranstaltungen aufgefallen. Die Organisationen „Jung und Stark“, „Deutsche Jugend Voran“ und „Der Störtrupp“ haben sich bundesweit ausgeweitet und rekrutieren aktiv neue Mitglieder. Das Gefahrenpotenzial dieser Gruppen wurde in einer gemeinsamen Anfrage des Tagesspiegel und des ZDFs an die Innenministerien aller 16 Bundesländer untersucht.
Das niedersächsische Innenministerium berichtete, dass neue rechtsextremistische Gruppierungen zunehmend im virtuellen Raum aktiv sind. In Bayern steht die Gruppe „Jung und Stark“ im Fokus der Sicherheitsbehörden, die von „verfassungsfeindlichen Bestrebungen“ ausgehen. Diese Gruppe zeigt sich nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch bei öffentlichen Protestaktionen, etwa zum Christopher Street Day in Landshut.
Nutzergewinnung durch soziale Medien
Die Rekrutierung neuer Mitglieder erfolgt hauptsächlich über Plattformen wie WhatsApp, Instagram und Telegram. Die Sicherheitsbehörden stellen fest, dass es Überschneidungen zu etablierten rechtsextremen Strukturen und Kleinstparteien gibt. In Niedersachsen gibt es bereits erste Ansätze zur Zusammenarbeit zwischen Jugendorganisationen und rechtsextremistischen Parteien.
Die Erscheinungsformen der rechtsextremen Jugendlichen sind durch Stilelemente sowohl der Neonaziszene als auch der Skinhead-Subkultur der 1990er Jahre geprägt. Typische Bekleidung umfasst Bomberjacken, Springerstiefel und szenetypische Accessoires. Das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern berichtete von einer „neuen“ neonazistischen Skinhead-Szene, die ebenfalls beunruhigende Aktivität zeigt.
Gestiegene Gewaltbereitschaft
Die aktuellen Berichte deuten auf eine alarmierende Zunahme der Gewaltbereitschaft bei rechtsextremen Gruppen hin. Laut dem Verfassungsschutzbericht vom Tagesschau verzeichnete Deutschland im Jahr 2023 insgesamt 25.660 rechtsextremistische Straftaten, was einen Anstieg um 22,4 % im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Die Zahl der gewalttätigen Übergriffe ist mit 1.148 Delikten ebenfalls gestiegen, was eine Steigerung um 13 % bedeutet.
Besonders besorgniserregend sind die zahlreichen brutalen Gewalttaten durch Mitglieder rechtsextremer Jugendgruppen in den letzten sechs Monaten. In Görlitz kam es zu Angriffen auf Mitglieder der Linken, während in Gifhorn Fahrgäste eines Busses attackiert wurden. In Berlin verzeichneten SPD-Wahlkämpfer ebenfalls Gewalttaten gegen sich.
Umfang der rechtsextremen Bewegung
Laut Angaben des Verfassungsschutzes beträgt das Personenpotenzial der gewaltorientierten Rechtsextremisten in Deutschland etwa 14.500. Dies ist ein Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Die Gefahr ist nicht nur auf die neuen Gruppen beschränkt. Das gesamt rechtsextremistische Personenpotenzial summiert sich 2023 auf rund 40.600 Personen, darunter etwa 14.000 als gewaltbereit. Auch die Zahl rechtsextremistisch motivierter Musikveranstaltungen hat einen Höchststand erreicht, was als identitätsstiftend für diese Szene angesehen wird.
Die Brisanz der aktuellen Entwicklungen wird auch durch die Resonanz in der Gesellschaft spürbar. In drei Bundesländern (Hamburg, Saarland, Thüringen) wurden aus verschiedenen Gründen keine Stellungnahmen zu diesen Themen abgegeben. Diese Tendenzen werfen ein Schatten auf die gesellschaftliche Stabilität und lassen viele Fragen hinsichtlich der Sicherheit im kommenden Jahr aufkommen.