
Der Prozess um die Attacke auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira in Berlin-Mitte nimmt am Donnerstag, den 17. April 2025, eine entscheidende Wendung. Um 9.30 Uhr soll das Verfahren fortgesetzt werden, wobei weitere Zeugen gehört werden, gefolgt von Plädoyers und eventuell einem Urteil. Der Angeklagte, ein 24-jähriger ehemaliger Lehramtsstudent der Freien Universität (FU), hat die Gewalttat gestanden, weist jedoch ein antisemitisches Motiv zurück. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer turbulenten Zeit an deutschen Hochschulen.
Die schweren Vorwürfe gegen ihn sind klar: Die Staatsanwaltschaft sieht die Attacke am 2. Februar 2024 als antisemitisch motiviert und verweist auf den Kontext der aufgeladenen Stimmung an der FU nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Das Gericht hat betont, dass die Motivation ein zentraler Punkt des Verfahrens ist, was von Bedeutung ist, da eine Bewährungsstrafe in einem solchen Fall kaum vorstellbar erscheint, laut dem Vorsitzenden Richter.
Angst an den Hochschulen
Viele jüdische Studierende in Deutschland verspüren eine wachsende Unsicherheit an ihren Universitäten. Aktuelle Berichte zeigen, dass sie von Angst, Ausgrenzung und offenem Antisemitismus betroffen sind. Ron Dekel, der Präsident der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD), äußert, dass obwohl die pro-palästinensischen Proteste abgeflaut sind, die allgemeine Stimmung weiterhin angespannt bleibt. Er kritisiert die Hochschulen dafür, sich nicht klar genug gegen Antisemitismus zu positionieren, was das Sicherheitsgefühl der jüdischen Studierenden erheblich beeinträchtigt.
Die Freie Universität Berlin hat die Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, dass sie bereits Maßnahmen gegen Antisemitismus ergriffen hat, darunter die Bereitstellung von Ansprechpartnern, Workshops und Hausverboten für Täter. Dennoch bleibt die Lage angespannt. Ein Veränderungsbedarf ist offensichtlich, vor allem seit der Änderung des Berliner Hochschulgesetzes, die es Hochschulen ermöglicht, bei schwerem Fehlverhalten Studenten zu exmatrikulieren.
Ein Anstieg antisemitischer Vorfälle
Die Jüdische Studierendenunion und das American Jewish Committee haben in einem Lagebericht einen alarmierenden Anstieg antisemitischer Vorfälle dokumentiert. Insbesondere nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 sind jüdische Studierende in einer „andauernden Ausnahmesituation“. Sie fühlen sich genötigt, ihre Identität zu verbergen, da sie massiven antiisraelischen und antisemitischen Äußerungen ausgesetzt sind.
Statistiken aus dem Jahr 2023 belegen, dass insgesamt 4.782 antisemitische Vorfälle in Deutschland registriert wurden, was einen besorgniserregenden Anstieg darstellt. Besonders an den Hochschulen ist dieser Anstieg spürbar – 151 antisemitische Vorfälle wurden allein im Bildungsbereich gezählt, ein Anstieg von 83% im Vergleich zum Vorjahr.
Die Herausforderungen und die Unsicherheiten für jüdische Studierende scheinen unüberwindbar, was sich in den Worten von Hanna Veiler, einer anderen Vertreterin der JSUD, widerspiegelt. Diese betont, dass viele Hochschulen das Problem zwar erkannt haben, die umgesetzten Maßnahmen jedoch oft nicht ausreichen. Veiler plant sogar, Deutschland zu verlassen, um Abstand von der schwierigen Lage zu gewinnen.
Der Prozess um Lahav Shapira hat somit nicht nur rechtliche, sondern auch gesellschaftliche Implikationen. Er spiegelt eine tiefgreifende Problematik wider, die weit über die Gerichtssäle hinausgeht und die dringende Notwendigkeit zur Schaffung eines sicheren Umfelds für alle Studierenden verdeutlicht.